Sicherheit bei der WM 2018: Das müssen Fans wissen

Was tut Russland gegen die Hooligan-Problematik? Welche Funktion hat die Fan-ID und was müssen homosexuelle Reisende wissen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema Sicherheit bei der Fußball-WM 2018.
Knapp zehn Milliarden Euro stellt Russland insgesamt bereit, um allen Teilnehmern und Gästen eine unvergessliche WM-Endrunde zu bereiten. Im Vorfeld hat sich der Kreml ob der angespannten Wirtschaftslage zu einigen Budgetkürzungen entschlossen. Nicht nur beim Rollrasen, der ursprünglich aus den Niederlanden importiert werden sollte, wurde kräftig gespart. Anstelle der anvisierten 48 Trainingsplätze für die Teilnehmer werden lediglich deren 37 errichtet. In einigen Stadien wurde zudem die Kapazität der Sitzplätze reduziert.
Das Thema Sicherheit hat Präsident Wladimir Putin allerdings zur Chefsache erklärt. Bereits beim Confederations Cup, der im Juni 2017 ausgetragen wurde, war ein umfangreiches Sicherheitskonzept (Ukas) erprobt worden, das sich stark an den bei den Olympischen Winterspielen von Sotschi getroffenen Vorkehrungen orientiert. Nach einem ähnlichen Leitfaden soll auch bei der WM-Endrunde im Jahr 2018 verfahren werden.
WM 2018 Sicherheitskonzept: Das plant der Kreml
Im Ukas ist geregelt, dass jegliche Art von Kundgebung oder Demonstration einer Genehmigung des Inlandsgeheimdienstes FSB bedarf. Der Verkauf und das Mitführen von Waffen wird zum Beispiel streng reglementiert, der Busverkehr im ganzen Land drastisch eingeschränkt. Die Videoüberwachung wurde bereits ausgebaut, die Sicherheitsvorkehrungen an öffentlichen Plätzen stark verstärkt. Um die Gefahr von terroristischen Attacken zu minimieren, sind zudem Flugverbotszonen angedacht, außerdem wird in gewissen Bereichen um die Austragungsorte ein Alkoholverbot herrschen. Kritiker haben vor allem die Begrenzung des Demonstrationsrechts bemängelt. Die Opposition im Kreml sieht darin eine Einschränkung des Versammlungsfreiheit, Putin verweist auf die störfrei verlaufenen olympischen Winter-Spiele.
Zu den Partien der WM-Endrunde sollen Stewards und Mitarbeiter privater Sicherheitsunternehmen für einen störungsfreien Ablauf rund um die Partien sorgen. „Es ist geplant, mehr als 16.500 Aufsichtspersonen zu rekrutieren und zu trainieren. Darüber hinaus werden wir 14.500 Mitarbeiter von privaten Sicherheitsunternehmen einbeziehen. Die Arbeit wird in engem Zusammenwirken mit dem Föderalen Dienst der Streitkräfte, der Nationalgarde der Russischen Föderation und anderen Staatlichen Organen organisiert“, so Alexej Sorokin, Generaldirektor des lokalen Organisationskomitees für die WM-Endrunde. Die Mannschaften der Teilnehmer sollen von schwer bewaffneten Eliteeinheiten bewacht und von gepanzerten Fahrzeugen eskortiert werden.
WM 2018 ausländische Fans: Diese Neuerungen gibt es
Die Fans werden das erhöhte Sicherheitsaufkommen am eigenen Leib zu spüren bekommen. Rund um die Stadien werden verschiedene Sicherheitszonen errichtet, in denen jeweils gründliche Personenkontrollen geplant sind. Reisende aus dem Ausland müssen sich innerhalb eines Tages nach ihrer Ankunft in einer russischen Polizeibehörde registrieren - diese Anmeldung wird meist vom Hotelbetreiber oder Reiseveranstalter übernommen. Ein obligatorischer Fan-Pass, auf dem sämtliche persönliche Daten des Trägers gespeichert sind, soll die Kontrollen in den Stadien erleichtern. Praktisch für alle ausländischen Reisenden: Die Fan-ID ersetzt das Einreisevisum.
Der Maßnahmenkatalog entstand, da europäische Großstädte durch die Terror-Anschläge neuen Bedrohungslagen ausgesetzt sind. Die Anschläge von Paris, Brüssel, Berlin und Barcelona haben den Druck auf die Sicherheitsbehörden merklich erhöht. Auch Russland wurde im Jahr 2017 Opfer eines terroristischen Akts. Am 3. April wurden bei einem Selbstmordattentat auf die U-Bahn von Sankt Petersburg 14 Menschen getötet. Die Drahtzieher und der mutmaßliche Attentäter sollen aus dem zentral-asiatischen Binnenstaat Kirgisistan stammen. Aus der selben Region kommen auch weitere Terrorverdächtige, die von den russischen Sicherheitsbehörden in den vergangenen Monaten festgenommen worden sind.
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WM 2018 Sicherheit: Warnungen des Auswärtigen Amtes
Regionale Missstände haben auch Rebellen aus dem Nordkaukasus immer wieder zu gewalttätigen Aktionen verleitet. Das Auswärtige Amt mahnt Reisende zu besonderer Vorsicht: „Bei Reisen in den Föderalbezirk Nordkaukasus sowie angrenzende Regionen wird auf die erhöhte Sicherheitsgefährdung hingewiesen. Insbesondere von nicht zwingend erforderlichen Reisen nach Inguschetien, Tschetschenien, Dagestan und Kabardino-Balkarien wird dringend abgeraten. In den oben genannten Regionen besteht aufgrund von Anschlägen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Entführungsfällen ein hohes Sicherheitsrisiko.“
Besondere Hinweise hat die Bundesbehörde auch für homosexuelle Fans parat. Am 30. Juni 2013 ist in Russland das föderale Gesetz gegen „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen gegenüber Minderjährigen“ in Kraft getreten. Durch den Erlass drohen auch Ausländern bei Weitergabe von Informationen, öffentlicher Demonstration und Unterstützung von Homosexualität Geldbußen, bis zu 15 Tage Haft und die Ausweisung aus der Russischen Föderation. „Weitere gewalttätige Übergriffe, insbesondere bei öffentlichem Zeigen gegenseitiger Zuneigung, sind nicht auszuschließen. Homosexualität ist in Russland nicht strafbar. Jedoch ist die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in der russischen Gesellschaft gering“, ist auf der Homepage des Auswärtigen Amtes zu lesen.
WM 2018 Sicherheit: Gutes Zeugnis der FIFA - Hooligan-Problematik unter Kontrolle?
Knapp sieben Monate vor Beginn der WM-Endrunde hat der Fußball-Weltverband FIFA den russischen Organisatoren ein gutes Zeugnis mit Blick auf die Sicherheitsvorkehrungen ausgestellt. Laut des deutschen FIFA-Sicherheitschefs Helmut Spahn werde vor allem die Hooligan-Problematik, die bei der EM-Endrunde im vergangenen Jahr in Frankreich offen zu Tage getreten ist, von den Russen sehr ernst genommen. Organisierte russische Schlägerbanden hatten in einigen französischen Städten eine Spur der Verwüstung hinterlassen, sich vor allem mit britischen Hooligans Straßenschlachten geliefert.
"Natürlich wurde dieses Problem erkannt, es steht oben auf der Agenda. Es wird in der Öffentlichkeit ja auch deshalb so heiß diskutiert, weil man noch die Bilder von den Ausschreitungen in Marseille 2016 im Kopf hat", sagte Spahn bei Merkur.de*: "Ich bin im täglichen Austausch mit dem lokalen Organisationskomitee in Russland, mit dem Direktor für Sicherheit für die WM 2018. Man tut alles, um in dem Bereich präventiv zu wirken." Nach Ansicht Spahns habe Russland insgesamt "sehr viel" in den Bereich Sicherheit investiert: "Der Confed Cup diesen Sommer war aus unserer Warte ein sehr guter Test - viel besser, als es im Prinzip von vielen erwartet worden war." Potenzielle Gewalttäter sollen bereits bei der Ausreise gestoppt werden, Russland will sich eng mit den anderen Teilnehmerstaaten abstimmen. Auch eine „schwarze Liste“ einschlägiger russischer „Fans“ soll bereits existieren.
Ob sich die Hooligans von den erhöhten Sicherheitsvorkehrungen beeindrucken lassen, stellt die Anfang des Jahres ausgestrahlte BBC-Dokumentation "Russia's Hooligan Army" jedoch in Frage. Darin hatten gewaltbereite russische Fans angekündigt, die WM im eigenen Land in ein "Festival der Gewalt" zu verwandeln. Russlands Sportminister Witali Mutko warf dem britischen Sender Propaganda vor.
Bei all den Maßnahmen, die eine störungsfreie Fußball-WM 2018 ermöglichen sollen, ist eines ganz klar: Völlige Sicherheit für ein Großereignis kann es nicht geben, das haben die vergangenen Jahre gezeigt. „Kein einziger Geheimdienst der Welt kann eine Garantie abgeben, dass Terroristen der Zutritt verschlossen bleibt“, so der britische Terrorismus Experte Scott Bolton.
Bei tz.de* finden Sie alle Informationen zur WM 2018 in Russland: Spielplan, Termine, Ergebnisse und Gruppen der FIFA-Weltmeisterschaft.
WM 2018: So sehen Sie die Übertragung aller Spiele live im TV und im Live-Stream
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