Kagawa-Schock für Borussia Dortmund
Doha/Dortmund - Borussia Dortmunds Stürmer Shinji Kagawa hat sich mit Japan beim Asien-Cup den Mittelfuß gebrochen. Der Verband hat bereits in Dortmund angerufen. Der BVB ist geschockt.
Er war die Schlüsselfigur einer historischen Hinrunde - nun muss Herbstmeister Borussia Dortmund ohne den Senkrechtstarter Shinji Kagawa um den Titel kämpfen. Der Japaner erlitt beim Asien-Cup in Katar einen Mittelfußbruch und fällt längere Zeit aus. Es droht sogar das vorzeitige Saisonende. Kagawa stieg noch am Mittwoch in den Flieger nach Deutschland, wo eine weitere Untersuchung letzten Aufschluss geben soll.
Die verrücktesten Fußballer-Verletzungen
„Das trifft uns schwer. Er war die prägende Figur in der Hinrunde. Die Saison ist in dreieinhalb Monaten zu Ende, und ein Mittelfußbruch ist keine unerhebliche Verletzung. Es wird eng“, sagte BVB-Vorstandschef Hans-Joachim Watzke. Trainer Jürgen Klopp konnte die längerfristigen Ausfälle von Kapitän Sebastian Kehl, Mohamed Zidan und Patrick Owomoyela kompensieren, aber der Verlust der Überfigur Kagawa wiegt deutlich schwerer. Die Verletzung des Überfliegers, den Sportdirektor Michael Zorc für lächerliche 350.000 Euro vom japanischen Zweitligisten Cerezo Osaka geholt hatte, stammt aus dem Halbfinale der Asien-Meisterschaft gegen Südkorea.
„Der fünfte Mittelfußknochen ist gebrochen“, teilte der japanische Fußball-Verband am Mittwochnachmittag mit. Shinji Kagawas Berater Bernhard Schmittenbecher, der für die Agentur Pro Profil GmbH den Spieler betreut, sagte: „Für den Jungen ist es natürlich ein bitterer Schlag. Möglicherweise kann er die Meriten nicht selbst einsammeln, sondern muss zuschauen.“
Kagawa war quasi aus dem Nichts zum Bundesliga-Star geworden, in der Hinrunde trieb er die junge Dortmunder Mannschaft als Motor zur Höchstleistung. In 17 Liga-Spielen erzielte er insgesamt acht Tore, ist trickreich, technisch und taktisch versiert, dazu kaltschnäuzig im Abschluss. Ganz Deutschland fragte sich, wie der BVB ausgerechnet auf den Torschützenkönig der zweiten japanischen Liga gekommen war. Der Marktwert des Schnäppchens soll Schätzungen zufolge mittlerweile acht Millionen Euro betragen.
Auch abseits des Platzes hat sich Kagawa schnell eingelebt. „Ich liebe Bratwurst und bin beeindruckt von den vielen blonden Frauen“, sagte er jüngst. Die wichtigsten Begriffe wie Abseits, Außenlinie, Abspiel hat er längst auch in deutscher Sprache parat. Seine Fans lieben ihn sowieso seit der ersten Minute - und erst recht, seit er das Derby gegen Schalke 04 entschied. „Kagawa passt zum BVB wie Soja-Sauce zum Sushi“, schrieb eine Zeitung.
Der 21-Jährige verbrachte seine Kindheit in Kobe, kickte mit Freude und Freunden. Es war nicht weit zum Meer in Tarumi-ku, dem westlichsten Teil der Großstadt in der Präfektur Hyogo. Zwischen Hügeln und Wasser schlängelt sich dort die Nationalstraße 2 entlang, und auch der Aufstieg Kagawas verlief nicht geradlinig. Noch 2009 spielte er in der 2. Liga für seinen Klub, der übersetzt „Kirschbaum“ heißt, vorher für den FC Barcelona. Zumindest durfte er sich das einbilden, denn „FC Miyagi Barcelona“ nannte sich sein Jugendverein.
1995 überstand er mit seiner Familie in Kobe das verheerende Erdbeben. Tausende Menschen starben, der kleine Shinji war fünf Jahre alt. „Mein Vater musste sich an einen Schrank klammern, um nicht durch das Zimmer geschleudert zu werden“, erzählt er. Das Elternhaus hielt stand, und aus dem kleinen Stöpsel konnte sich ein Fußballer entwickeln, der Japan verzaubert - und die Bundesliga obendrein. Jetzt ist der Höhenflug vorerst gestoppt.
Der BVB kann bis zum 31. Januar, wenn das Transferfenster schließt, für Ersatz sorgen. „Es ist noch viel zu früh, darüber etwas zu sagen. Ich werde mich jetzt erstmal mit dem Trainer und dem Sportdirektor zusammensetzen und über die Situation sprechen“, sagte Watzke. Er klang betroffen.
sid