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Wie schlimm steht es um die Fußballer von 1860 Rosenheim? Antworten auf existenzielle Fragen

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Von: Anna Heise

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Herbert Borrmann, Vorsitzender des TSV 1860 Rosenheim, im OVB-Exklusiv-Interview.
Herbert Borrmann, Vorsitzender des TSV 1860 Rosenheim, im OVB-Exklusiv-Interview. © Hans-Jürgen Ziegler

Sportliche Probleme, finanzielle Sorgen und zuletzt die Trennung vom sportlichen Leiter Hans Kroneck: Der TSV 1860 Rosenheim hat es in den vergangenen Wochen immer wieder in die Schlagzeilen geschafft. Doch wie schlimm ist es wirklich? Antworten auf offene Fragen.

Rosenheim - Seit 2017 ist Herbert Borrmann der Vorsitzende des TSV 1860 Rosenheim. In den vergangenen Monaten hat er 30 Stunden pro Woche in die Fußballabteilung gesteckt. Er hat sich die Finanzen angeschaut, Gespräche mit Ehrenamtlichen geführt und sich - gemeinsam mit dem kommissarischen Abteilungsleiter Leiter Ömer Kaya, der gleichzeitig die sportliche Leitung übernommen hat - Gedanken darüber gemacht, wie es gelingen könnte, mehr Zuschauer ins Stadion zu bekommen und den Spielbetrieb attraktiver zu machen. Über die aktuelle Situation spricht er jetzt zum ersten Mal im OVB-Exklusivinterview.

Schreibt die Fußballabteilung rote Zahlen?

Herbert Borrmann: Ja. Die Einnahmen sind im Moment nicht so, wie wir sie geplant hatten. Was unter anderem daran liegt, dass uns drei große Sponsoren weggebrochen sind. Jetzt müssen wir schauen, wie wir aus der Situation wieder rauskommen. Unser Ziel muss es sein, die Kosten zu minimieren und dafür die Erträge zu steigern.

Wie schafft man es als Abteilung, seine Kosten zu minimieren?

Borrmann: Wir haben uns von Spielern getrennt, die zu Beginn der Saison eingekauft worden, um den Aufstieg in die Regionalliga zu schaffen. Dieses Ziel ist nicht mehr die Priorität und war nach Meinung von Ömer Kaya und mir nach auch das Falsche. Durch die Vertragsauflösungen ist es uns gelungen, mehr als 30 Prozent unserer Personalkosten zu senken. Dadurch fällt schon einmal ein massiver Kostenblock weg.

Spielen ohne Spieler stelle ich mir schwierig vor. Zumal der eigene Nachwuchs in der Vergangenheit kaum zum Zug kam.

Borrmann: Das Ziel von Ömer Kaya und mir ist es, regionaler zu werden und uns komplett neu aufstellen. Unser Ziel ist es, auf den eigenen Nachwuchs zu setzen und wir sind motiviert, diesen auch einzusetzen. Das ist auch deutlich kostengünstiger. In der kommenden Saison wird es deshalb keine Spieler geben, die nicht aus der Region kommen. Wir leisten eine tolle Jugendarbeit, die wir auch weiterhin forcieren müssen.

Die Zuschauerzahlen sind in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen - und das obwohl eines ihrer Ziele ist, die Erträge zu steigern.

Borrmann: Es ist ein Irrtum, dass die wesentlichen Einnahmen beim Fußball über die Zuschauer kommen. Das ist tatsächlich nur ein kleiner Teil von unserem Etat. Finanziell weitaus wichtiger sind die Sponsoren. Fakt ist aber auch, dass es Fans für die Stimmung sowie Unterstützung braucht und wir auch ein Erlebnis für die Fans bieten wollen. Das Problem: Wir haben sehr viele Zuschauer verloren. Wenn man sportlich nicht erfolgreich ist, kommen weniger Leute. Das wiederum gestaltet die Sponsorensuche sehr schwierig. Hinzu kommt die Nähe zu München und Unterhaching, aber auch die Konkurrenz im eigenen Verein. Aber: Ömer Kaya arbeitet mit seinem Team mit Hochdruck daran, um regionale Talente zu verpflichten.

Wie kann es gelingen, die Leute wieder ins Stadion zu bekommen?

Borrmann: Um diese Frage zu beantworten, gab es schon viele Gespräche in unserem Arbeitskreis. Der TSV 1860 Rosenheim hat ein Stimmungsproblem. Wir müssen es schaffen, bei den Spielen wieder eine gewisse Stimmung zu bekommen. Das könnte beispielsweise durch eine Trommlergruppe gelingen, aber auch durch Familientage. Vorstellbar wäre hier beispielsweise eine Hüpfburg. Wir brauchen ein vernünftiges Rahmenprogramm. Bisher sind die Familien bei uns zu kurz gekommen. Des Weiteren ist es mir wichtig, wieder vermehrt auf die Ehrenamtlichkeit zu setzen.

Der nächste Schritt wäre dann die Suche nach Sponsoren.

Borrmann: In der Vergangenheit haben wir unsere Sponsoren nicht gepflegt. Das soll ab sofort anders werden. Mein Ziel ist es, mit jedem Sponsor persönlich Kontakt aufzunehmen. Es braucht diese Beziehungsebene. Seit Oktober schaue ich, dass es vorangeht. Ich reaktiviere alte Mitglieder des Vereins und habe schon mehrere Stammtische besucht. Die Leute sollen sich für die 60er wieder begeistern können.

So wie Sie?

Borrmann: Ich stehe hinter dem Verein und lebe das, was ich erzähle. Es ist mir wichtig, im Thema drin zu sein. Aus diesem Grund habe ich mich ganz bewusst dafür entschieden, in der Abteilung mitzuarbeiten. Sei es beim Verkauf von Tickets oder Semmeln. Ich will präsent sein.

Es gab immer wieder Gerüchte, dass Sportler, Lieferanten und Trainer monatelang nicht bezahlt wurden.

Borrmann: Die ausstehenden Gehälter wurden in dieser Saison weitestgehend gezahlt. Das war eine meiner ersten Aufgaben. Einige „Altlasten“ aus der Vorsaison sind noch offen. Hier haben wir uns im Einvernehmen mit den Betroffenen geeinigt, dass diese vorerst noch zurückgestellt werden. Zudem haben wir Zahlungsvereinbarungen mit externen Geschäftspartnern abgeschlossen, damit es uns gelingt, die Saison im Rahmen abzuschließen. Wir müssen es schaffen, dass bis Juni die meisten Finanzen geregelt sind, um für die nächste Saison gut aufgestellt zu sein. Ende Februar muss ein gut finanzierbarer Etat dafür aufgestellt werden.

Wie sahen die vergangenen Monate aus?

Borrmann: Ömer Kaya und ich haben in den vergangenen Monaten alle Kosten auf den Kopf gestellt. Ich habe mir unter anderem jeden einzelnen Dauerauftrag angeschaut. Zudem habe ich zahlreiche Gespräche geführt. Auf der einen Seite wollen wir Einnahmen generieren, auf der anderen Leute wieder motivieren. Wir brauchen eine vernünftige Organisationsstruktur.

Hand aufs Herz. Wie optimistisch sind Sie, dass sie die finanzielle Situation in den Griff bekommen?

Borrmann: Ich bin sehr optimistisch. Ich denke wir sind auf einem guten Weg, die Finanzen hinzubekommen. Die Gehälter wurden angepasst und wir sind auf einem guten Weg, die Ehrenamtlichen dort einzusetzen, wo die Nebenberuflichen wegfallen.

Einer ihrer Unterstützer hat jetzt erst versucht, Sponsoren für die Fußballabteilung zu finden. Dabei fiel er auf eine Masche herein und verlor eine große Summe.

Borrmann: Der Verein hatte damit nichts zu tun. Er hat mit uns weder Verträge abgeschlossen, noch wurden Verhandlungen geführt. Weil es in den Medien anders kommuniziert wurde, hat der Vorfall ein schlechtes Licht auf den TSV geworfen und dazu geführt, dass ein Sponsor abgesprungen ist. Wir haben mit dem Thema aber nichts zu tun und waren zu keinem Zeitpunkt in den Vorgang involviert. Er wollte der Fußballabteilung helfen.

Der TSV 1860 Rosenheim hatte bereits in der Vergangenheit finanzielle Probleme. Damals hat die Stadt den Verein gerettet.

Borrmann: Geld im Fußball ist immer ein Problem. Unter anderem deshalb, weil die Sponsorengelder erst während der Saison kommen, die Verträge da aber schon lange abgeschlossen sind. Wenn dann während der Saison Sponsoren wegfallen, stellt uns das vor große Herausforderungen. Ab Sommer mache ich mir da keine Gedanken mehr. Bis dahin sind wir anders aufgestellt. Jetzt müssen wir - allerdings mit einem deutlich niedrigeren Etat - unseren Hausaufgaben nachkommen.

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