Digitales Leben? Verbraucherschutz hinkt Jahrzehnte hinterher – das soll sich ändern

Die Vorschriften zur Produkthaftung sind fast 40 Jahre alt. Das soll sich ändern - und der Verbraucherschutz an das digitale Zeitalter angepasst werden.
Berlin/München - Das moderne, digitale Leben stellt Verbraucher und Verbraucherinnen oftmals vor Schwierigkeiten und Herausforderungen. Speziell Elektronik – und davon gibt es mittlerweile eine Menge in Haushalten – ist oftmals nur mit größerem Zeitaufwand durchschaubar. Handys und andere Geräte haben Funktionen, die von vielen Personen nie erschlossen oder genutzt werden. Gerade bei mangelhaften Produkten kann Ärger entstehen, mit dem sich Käufer und Käuferinnen dann herumschlagen.
Längst überfällig, aber bislang vom Gesetzgeber versäumt: Verbraucherzentralen fordern mehr Schutz im Haftungsrecht. Laut Ramona Pop, Chefin des Bundesverbandes, hätten Verbraucherinnen und Verbraucher nahezu keine Chance, Fehler von Produkten und Kausalitäten nachzuweisen. Besonders Geräte, die sich digital vernetzen können, seien für viele Menschen eine undurchsichtige „Blackbox“. Die Beweislast müsse daher grundsätzlich umgekehrt werden, fordert Pop gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Verbraucherschutz: Reform des Produkthaftungsrechts dringend notwendig
Diese müsse bei bestimmungsgemäßer Verwendung der Nutzer bei den Herstellern liegen. Die Unternehmen kennen ihre Produkte schließlich besser und können darlegen, dass kein Fehler vorliege. Das könne beispielsweise für Beschädigungen gelten, die durch digital programmierbare Rollläden entstehen. Es sei eine grundlegende Reform des Produkthaftungsrechts nötig, so der Verband, um die gültigen Regeln an das digitale Zeitalter anzupassen. Kritik gibt es in diesem Zuge an der EU-Kommission: Denn die habe diese Möglichkeit mit einem im Herbst 2022 vorgelegten Entwurf verpasst.
Verbraucherschützer fordern zudem, dass auch Betreiber von Online-Marktplätzen für fehlerhafte Artikel haften müssen, sofern die Produktverantwortlichen nicht greifbar sind. Der Bundesverband der Verbraucher begrüßt allerdings den Kommissionsvorschlag, dass Ansprüche nicht erst geltend gemacht werden können, wenn der Schaden eine Schwelle von 500 Euro erreicht – sondern bereits ab dem ersten Euro. Positiv sei auch eine Klarstellung, dass es sich bei Software um ein Produkt handele und sie damit dem Produkthaftungsrecht unterliege.
Auch die Kündigungsmöglichkeiten bei Websites sind oftmals mangelhaft, stellen Verbraucherzentralen fest:
Verbraucherschutz hinkt digitalem Zeitalter mehrere Jahrzehnte hinterher
Ende September hatte die Kommission der Europäischen Union die Vorschläge vorgelegt, um die fast 40 Jahre alten Bestimmungen zur Produkthaftung zu modernisieren. Die Erneuerung zielt insbesondere auch auf Produkte, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) betrieben werden. Denn innerhalb weniger Jahrzehnte ist das Produktangebot im Zuge der Digitalisierung enorm angewachsen. Technologien wie Drohnen könnten zum Beispiel nur funktionieren, wenn sich Verbraucher dabei sicher fühlen, so die Forderung von Experten. Im nächsten Schritt muss der Kommissionsvorschlag aus Brüssel vom Europäischen Parlament sowie den einzelnen EU-Staaten angenommen werden. (PF mit Material der dpa)