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„Wir nutzen seit Jahren wegen der Nachbarn unsere Terrasse nicht mehr, was können wir tun?“

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Von: Jörg Eschenfelder

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Collage: Ein Zaun zum Nachbarn/Eingang zu einem Amts- und Landgericht
Streit mit den Nachbarn endet nicht selten vor Gericht (Symbolbild) © dpa/Christoph Soeder/Armin Weigel

In unserer neuen Service-Rubrik dreht sich alles um euer Recht als Mieter. Mieterhöhung bekommen? Streit mit den Nachbarn? Zu hohe Nebenkostenabrechnung? Unsere Experten vom Mieterverein Burghausen und Umgebung e.V. geben hier die Antworten, immer montags und natürlich anonymisiert.

Frage einer Mieterin

Hallo und Servus, freut mich, dass Fragen beantwortet werden. Ich bin Mieter und meine Wohnung liegt ganz nah zum Nachbarn (Einfamilienhaus circa zehn Meter entfernt). Unsere komplette Wohnung/Fenster/Balkon/Terrasse ist zu denen rüber. Die treiben mich mit ihrem Lärm seit mittlerweile fünf Jahren in den Wahnsinn.
Ich bin echt nicht empfindlich und meine Toleranz und Belastungsgrenze ist/war wirklich sehr hoch, aber es ist nicht mehr zum „Dabagga“. Die haben genau zwischen unseren beiden Häusern, an der Zaungrenze, an unserer Terrasse ein Werkstatthäuschen und ein riesen Trampolin stehen. Diese Hobbywerkstatt wird fast täglich, egal auch ob am Sonn- oder Feiertag, ungelogen bis zu drei Stunden genutzt: permanentes Hämmern, Bohren, Flexen. Wenn auf dem Trampolin gehüpft und geschrien wird, schlägt das (ja, ich hab mir extra Schallmesser gekauft) mit bis zu 92 Dezibel bei mir in Wohnung auf. Im Sommer schlafens da manchmal sogar drauf und unterhalten sich die ganze Nacht, alles neben/unter meinem Schlafzimmer. Auf Bitten, ruhig zu sein, habens mir applaudiert und mich ausgelacht. Unser Vermieter meinte, mit denen kann man leider nicht reden. Die meinen, sie sind mit allem im Recht und werden nichts ändern. Fazit, wir nutzen seit vier Jahren weder unsere Terrasse, noch Balkon.
Was muss ich mir gefallen lassen oder aushalten? Was darf, soll ich tun? Schlong derf is ja ned meine Lieblingsmünchner!

Antwort vom Experten:

Also, das Verhalten der „Nachbarn“ geht gar nicht. Jeder muss in Ruhe seine Terrasse und Balkon nutzen können, jeder hat ein Recht auf Ruhezeiten. Jeder muss Rücksicht nehmen. Juristen sprechen hier vom Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.

Grundsätzlich muss also jeder den normalen Lärm seines Nachbarn hinnehmen und aushalten. Vor allem bei Kindern ist hier eine besondere Toleranz gefragt und gefordert. 

Das gilt aber nicht grenzenlos. So sind von jedem zum Beispiel die Ruhezeiten einzuhalten. Die sind in der Regel zwischen 22 und 7 Uhr sowie mittags zwischen 12 und 15 Uhr; manche Gemeinden haben hier auch eigene Lärmschutzverordnungen. Vor allem die Nachtruhe ist besonders geschützt. Aber auch außerhalb der Ruhezeiten ist nicht einfach alles erlaubt. 

Bei Kinderlärm ist - wie gesagt - besondere Toleranz gefragt. Eltern müssen aber umgekehrt auch darauf achten, dass Nachbarn nicht unzumutbar gestört werden (BGH WuM 2020, 103; WuM 2017, 587). Ob diese Grenze überschritten ist, richtet sich im Einzelfall nach der Art, Qualität, Dauer und Zeit des Lärms sowie nach dem Alter und Gesundheitszustand des Kindes sowie der Vermeidbarkeit des Lärms durch erzieherische Maßnahmen (BGH WuM 2021, 551; WuM 2017, 587).

Es gibt also Grenzen. Nicht jeder Lärm ist zulässig, nicht jeder Krach ist zu dulden. Leider gibt es keine feste Definition, was „normal“ ist. Diese Grenze muss immer im konkreten Einzelfall geprüft und gezogen werden. Ist diese Grenze überschritten, kann sich jeder gegen unzulässigen Lärm wehren (LG Hamburg WuM 84, 79). Dies gilt vor allem dann, wenn sich der Lärm verstetigt, übermäßig laut ist, oder sogar nachts verursacht wird. 

Liegt ein unzulässiger Lärm vor, ist zunächst der vertragsgemäße Ist-Zustand der (Miet-)Wohnung beeinträchtigt und es liegt ein Mangel vor. Dann ist auf jeden Fall der Vermieter verpflichtet, diesen Mangel abzustellen. Sprich, der Vermieter muss, wenn es dazu Möglichkeiten gibt, gegen den Verursacher vorgehen: Das kann von Gesprächen mit den Nachbarn bis hin zur Klage reichen. 

Unter Umständen ist von Gesetzes wegen auch nur eine geminderte Miete geschuldet. Seit dem „Bolzplatz-Urteil“ des Bundesgerichtshofes (WuM 2015, 478) und weiteren ist hier aber besondere Vorsicht angebracht, da der BGH die Voraussetzungen für eine Minderung in derartigen Fällen eingeschränkt hat. 

Ein Mieter kann wegen der Besitzstörung und Lärm-Belästigung auch selber gegen den Nachbarn klagen (OLG Düsseldorf WuM 97, 221, BGH WuM 93, 275).  

Was könnte die Fragestellerin also unternehmen?

Leider lassen sich manche Konflikte, gerade mit uneinsichtigen Nachbarn, nicht friedlich lösen. Dann muss eine Klärung eben auf dem Rechtsweg erfolgen, denn - so Friedrich Schiller -: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“

Die Antwort auf eine Leserfrage dient lediglich der Information. Sie ist keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes. Für eine Rechtsberatung wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt oder an Ihren örtlichen Mieterverein.

Fragen rund ums Thema Miete?

Schickt uns Eure Anliegen per Mail an joerg.eschenfelder@ovb.net - unsere Experten vom Mieterschutz Burghausen und Umgebung e. V. sind bemüht, alle eingesendeten Fragen zu beantworten, ein Anspruch besteht nicht. Die Einsendungen werden selbstverständlich vertraulich behandelt.

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