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Russische Sekte macht sich in Deutschland und Österreich breit – „Hunderte Familien“ sollen folgen

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Von: Momir Takac

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In Deutschland breitet sich die aus Russland stammende Anastasia-Bewegung aus. Die Sekte wirkt harmlos, folgt aber einer gefährlichen Ideologie.

München/Grabow - In Deutschland sympathisieren immer mehr Menschen mit einer aus Russland stammenden, rechts-esoterischen Sekte. Die sogenannte Anastasia-Bewegung findet wachsenden Zulauf - nicht nur in der Bundesrepublik und deutschsprachigen Ländern, sondern weltweit.

Eigentlich geben sich die Anhänger naturnah und ökologisch, doch im Hintergrund steht eine gefährliche Ideologie. Die Anastasia-Bewegung beruft sich auf eine zehnbändige Romanbuchreihe des in der Ukraine geborenen, russischen Unternehmers und Schriftstellers Wladimir Megre. Im Zentrum der Bücher steht die fiktive Figur Anastasia. Eine junge, bildhübsche Frau mit goldblondem Haar.

In Russland entstandene Anastasia-Bewegung findet Zuspruch

Megre thematisiert in den Werken eine Reise durch die russische Taiga und die Begegnung mit der Einsiedlerin, die allein im Wald lebt und nur das besitzt, was die Natur ihr gibt. Anastasia ist darüber hinaus allwissend und besitzt übernatürliche Kräfte, Begabungen, die der moderne Mensch verloren habe. Ihre Botschaft lautet: Jeder Mensch kann ein vollkommenes Leben erreichen, wenn er sich nur an ihre Lehren hält.

Anastasia rufe dazu auf, „Familiensitze zu gründen und im Einklang mit der Natur zu leben, um der modernen, auch als ‚technokratisch‘ bezeichneten Welt zu entkommen“, heißt es beim Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus. Es seien dunkle Kräfte, die den Menschen ein erfülltes Leben verwehren.

Mehr als 20 Anastasia-Siedlungen in Deutschland

Anastasias Aufruf findet offenbar Anklang: Menschen gründen Familienlandsitze an abgelegenen Orten und leben als Selbstversorger. In Deutschland gab es 2022 laut der Moskauer Deutsche Zeitung mehr als 20 Ableger. Das größte Projekt findet sich in Ostprignitz-Ruppin in Brandenburg und heißt „Goldenes Grabow“.

Auch in Österreich erfreut sich die 1997 in Zentralrussland entstandene Bewegung einer Gefolgschaft. Seit 2012 siedeln sich Anhänger vorzugsweise im Burgenland an. Im russischen Raum sollen 2011 bereits 7.000 Familienlandsitze existiert haben, schrieb Matthias Pöhlmann, landeskirchlicher Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, in der Zeitschrift Herder Korrespondenz.

Rechtsextremismus-Experte warnt vor Rassismus und Antisemitismus in Anastasia-Bewegung

Auch wenn sich die Anastasianer naturverbunden und esoterisch geben, enthält ihre Ideologie auch gefährliche Ansätze. In Österreich steht die Bewegung unter Beobachtung durch den Staatsschutz. Megres Bücher transportierten „kulturellen Rassismus und Antisemitismus“, der eher beiläufig hinzukomme, „um beispielsweise zu erklären, was an der modernen Welt alles schiefläuft“, sagte der Rechtsextremismus-Experte Matthias Quent dem rbb im Frühjahr 2019.

In ideologischen Mustern werde erklärt, dass es mit der modernen Demokratie bergab gehe und man auf Familienlandsitze fliehen müsse, erklärte Quent. „Durch die Hintertür wird dann argumentiert, wer für diese angeblichen Zerstörungen verantwortlich sei und wie das richtige, angeblich natürliche Leben - nämlich auf eine Ordnung der Ungleichheit zwischen ‚Rassen‘ - auszusehen habe.“

Anastasia-Bewegung hauptsächlich bei Telegram aktiv

Laut Pöhlmann, der sich eingehend mit Megres Büchern auseinandersetzte, fördern die Werke auch antidemokratische Ressentiments. Demokratien und die Kultur des Westens werden etwa als dekadent und korrupt verunglimpft. „Die Anastasia-Bücher bedienen eine ohnehin in der Neuen Rechten feststellbare Russland-Begeisterung, die Wladimir Putin als starken Herrscher feiert“, schreibt er.

In den sozialen Medien aktiv ist die Anastasia-Sekte vor allem bei Telegram. Etwa in Person von Norman Kosin, der mit seiner Familie Sylt verließ und auf ein abgelegenes Anwesen im Süden des Burgenlands zog. Er nutzt „Anastasia-Kanäle“, die rund 250.000 Abonnenten haben, um vermeintliche Medienlügen anzuprangern und weitere Mitglieder für die Bewegung zu werben.

Anastasia-Bewegung: Anhänger will noch „hunderte Familien an „Ort der Liebe“ bringen

Kosin hofft, noch „hunderte Familien“ an seinen „Ort der Liebe“ bringen zu können, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Der ehemalige Reisemanager erklärte, die Beschränkungen während der Coronavirus-Pandemie hätten seine Überzeugungen gestärkt.

Schulschließungen hätten Kinder „zerstört“, sagte er, dabei seien ihre „Seelen so unschuldig“. Kosin verglich ihre Situation mit der im Ukraine-Krieg. Zwei seiner Kinder habe er sogar aus der Schule genommen. Aber antisemitische Ansichten? Diesen Vowurf wischte er auf vielsagende Weise beiseite. „Wegen zwei, drei Kapiteln wird jeder, der die Bücher liest, in die Kategorie der Nationalsozialisten gesteckt“, sagte Kosin. (mt)

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