1. innsalzach24-de
  2. Innsalzach
  3. Region Waldkraiburg
  4. Waldkraiburg

„Ich kann so nicht mehr leben“: Anwohner gehen gegen Hundewiese in Waldkraiburg auf die Barrikaden

Erstellt:

Von: Jörg Eschenfelder

Kommentare

Der Lärm von der Hundewiese gleich hinter der Hecke im Hintergrund macht Bernfriede Martin-Gössl (links) und Manuela Mühlbauer fertig.
Der Lärm von der Hundewiese gleich hinter der Hecke im Hintergrund macht Bernfriede Martin-Gössl (links) und Manuela Mühlbauer fertig. © Eschenfelder

Für die einen ist sie eine tolle Einrichtung, für die anderen eine unerträgliche Belastung: die Hundewiese mitten in der Stadt. Warum die Anwohner mit den Nerven fertig sind und was sie jetzt planen.

Waldkraiburg - Manuela Mühlbauer sitzt im Esszimmer und hat Tränen in den Augen. „Ich liebe alle Tiere, aber ich kann nicht mehr. Ich kann so nicht mehr leben“, sagt sie. „Die Hunde bellen von der Früh bis in die Nacht.“ Sie leidet, wie alle anderen Anwohner der Lindenthalstraße auch, unter der städtischen Hundewiese im Siemenspark, die keine 30 Schritte von ihrem Balkon entfernt ist.

Gebell, Rufe und Kommandos der Hundebesitzer schallen von dort zu allen Zeiten in ihre Wohnanlage, brechen sich an den Wänden. „Das hallt unerträglich“, so Mühlbauer. „Auch Hundebesitzer haben das schon zu uns gesagt“, ergänzt ihr Mann Franz.

An einem Sommer auf dem Balkon ist nicht zu denken

Besonders schlimm sei es am Wochenende, wenn sie eigentlich friedlich auf dem Balkon oder im Garten sitzen möchten. „Man kann im Sommer nicht mehr raus gehen, weil es so laut ist“, bestätigt ihre Nachbarin Bernfriede Martin-Gössl.

Die Hundewiese im Siemenspark (rechts vom Weg) ist keine 30 Schritte von den Anwohnern weg; der Spiel- und Bolzplatz ist über hundert Meter weg und auf dem Bild nicht mehr zu sehen.
Die Hundewiese im Siemenspark (rechts vom Weg) ist keine 30 Schritte von den Anwohnern weg; der Spiel- und Bolzplatz ist über hundert Meter weg und auf dem Bild nicht mehr zu sehen. © Eschenfelder

Manuela Mühlbauer zerreißt es das Herz: Sie liebt Tiere vom ganzen Herzen, päppelt sie auf, arbeitet auf einem Gnadenhof mit. Sie hat für die Hunde und Katzen der Nachbarschaft Leckerlis griffbereit, liebt die Hunde in ihrer Verwandtschaft und Nachbarschaft. „Aber das Gebell ist einfach zu viel. Das ist unerträglich.“

Auch bei geschlossenen Fenstern. „Du kannst nicht mal Fernsehen schauen“, so Franz Mühlbauer. „Das geht durch.“ Die Schichtarbeiter in der Nachbarschaft können nicht mehr schlafen, so Manuela Mühlbauer, ein Nachbar sei deswegen schon ausgezogen. „Ich kann nicht mal hier ausziehen.“ Es ist ihre Wohnung, seit über 30 Jahren.

Es ist ein neblig trüber Dienstagnachmittag im Dezember. Um 15 Uhr öffnet die gut 1.000 Quadratmeter große Hundewiese wieder. Ein Mann kommt mit zwei Hunden, betritt die Wiese, die zum Teil nur noch Matsch ist, lässt sie laufen. Sofort fängt einer zu bellen an. Stille. Bellen. Eine Frau kommt mit ihrem schwarzen Hund. Erneutes Bellen. Dann wieder Stille. Wenig später kläfft einer der Vierbeiner erneut. Die Frau lässt ihren Hund ebenfalls auf die Wiese. Die Tiere spielen und immer wieder wird gekläfft, mal friedlich, mal abgrenzend. So geht es seit 15 Minuten. Im Park verfliegt das Bellen, bei den benachbarten Häusern wird es zwischen den Wänden hin und her geworfen.

Manuela Mühlbauer zückt ihr Handy. Sie und ihre Nachbarn haben hunderte Videos gedreht: bellende und kläffende Hunde, Frauen, die mit lauter, schriller Stimme ihre Tiere kommandieren, die immer wieder erfolglos ihre Vierbeiner rufen. Die Videos zeigen Hunde, die außerhalb der Wiese im Park frei herumlaufen, nicht gehorchen, unter Bäumen ihre Geschäfte erledigen. Und immer wieder Gebell.

Die Anwohner sind enttäuscht und wütend. Sie haben viel versucht. Mühlbauer wollte mit Stadträtin Martina Arnusch-Haslwarter (SPD), die die Hundewiese initiiert hatte, reden. Ohne Erfolg. Diese zeigte jüngst im Stadtrat kein Verständnis für die Klagen und verwies auf den Lärm vom angrenzenden Spiel- und Bolzplatz. Doch die sind über 100 Meter weiter weg, durch weitere Bäume und Büsche zusätzlich abgeschirmt.

Manuela Mühlbauer steht mit ihrem Anliegen nicht alleine da. Alle hätten Mails an die Stadt geschrieben. Sie hat Unterschriften gesammelt: 14 Parteien, 19 Anwohner - innerhalb von drei Tagen. Sie sammelt weiter, es würden immer mehr. Am 3. November war sie um halb fünf bei Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) in der Bürgersprechstunde, hat ihm die Unterschriften gegeben und die Videos gezeigt. Mühlbauer: „Er war entsetzt.“

Geholfen hat alles nichts. Im Stadtentwicklungsausschuss sprach Pötzsch von vereinzelten Beschwerden.

Hundebesitzer geben sich die Klinke in die Hand

Derweil nutzen immer mehr Hundehalter die Wiese. „Die Hundebesitzer geben sich die Klinke in die Hand. Wenn einer geht, kommt der nächste“, so Mühlbauer und Martin-Gössl. Nachmittags seien bis zu 15 Hunde gleichzeitig auf dem Platz. Und die nächsten warten schon vor dem Zaun. „Dann wird von draußen gekläfft“, so Mühlbauer. Je bekannter die Hundewiese wird, umso schlimmer werde es.

Die Stadträte haben kürzlich im Stadtentwicklungsausschuss die Öffnungszeiten verkürzt. Jetzt ist sie werktags von 8 bis 13 Uhr und von 15 bis 20 Uhr offen, an Sonn- und Feiertagen von 9 bis 13 Uhr und von 15 bis 20 Uhr. Zehn beziehungsweise neun Stunden am Tag.

„Das nützt doch nichts“, so Martin-Gössl. „Im Sommer möchte man doch raus. Ich kann doch nicht nur in der Wohnung bleiben.“ Denn besonders schlimm sei es an den Sonn- und Feiertagen, wenn alle frei haben und auch die Anwohner ihre Ruhe wollen und brauchen.

„Wir sind keine Hundehasser“

„Wir sind keine Hundehasser“, betont Manuela Mühlbauer. „Es ist toll, dass für die Tiere etwas gemacht wird“, ergänzt ihr Mann Franz, „aber ich kann doch so etwas nicht mitten in ein Wohngebiet hineinsetzten.“

„Es muss doch in Waldkraiburg eine Wiese geben, wo keiner in der Nähe wohnt“, so Martin-Gössl. Die drei verweisen auf das Jahn-Stadion, Tannet oder das Industriegebiet. Da müsse es doch Alternativen geben. „Im Ampfing und Mühldorf ist sie auch außerhalb“, so Manuela Mühlbauer, „nur bei uns nicht.“

Franz Mühlbauer graust es schon jetzt vor dem neuen Jahr. Dann muss er wieder am Halswirbel operiert werden. Anschließend verbringt er Wochen im Schlafzimmer, das zur Hundewiese hinaus geht. An Erholung ist für ihn nicht zu denken.

Genug Geld für eine Klage

Auch wenn Bürgermeister Robert Pötzsch die Hundewiese im Stadtentwicklungsausschuss gelobt und kein Stadtrat Einwände erhoben hatte, Mühlbauer und Co. haben noch lange nicht aufgegeben: „Der Platz muss weg.“ Darin sind sich die Wohnungseigentümer einig. Jetzt soll ihr Hausverwalter Bürgermeister Pötzsch noch einmal anzuschreiben.

Wenn das nichts bringt, „dann nehmen wir das Geld, das wir für die Dachsanierung geplant haben, und klagen“, so Mühlbauer. „Wir haben genug Geld in der Kasse.“ Das haben die Eigentümer bereits beschlossen.

Auch interessant

Kommentare