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Den Wert „Heimat“ vermitteln: Warum das Wolfgang Eckereder wichtig ist

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Von: Josef Enzinger

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Jung übt sich, wer ein echter Trachtler werden möchte. Rund 20 Dirndl und Buam lernen die alten Tänze wie Bauernmadl und Webertanz.Jaensch
Jung übt sich, wer ein echter Trachtler werden möchte. Das Besondere am Trachtenverein ist, dass es sich um einen Familienverein handelt. Hier kann jeder aktiv dabei sein – vom Kindesalter bis ins hohe Alter. © Jaensch

Welche Bedeutung hat ein Trachtenverein in der heutigen Zeit noch, wie wichtig ist er? Antworten auf diese Fragen liefert Wolfgang Eckereder, Vorsitzender des Trachtenvereins Taubenbergler Stamm in Neumarkt-St. Veit, der in diesem Jahr auf sein 100-jähriges Bestehen zurückblicken kann.

Neumarkt-St. Veit - Die Anfänge des Trachtenvereins „Taubenbergler Stamm“ lagen im benachbarten Teising, wo sich bereits seit Anfang der zwanziger Jahre regelmäßig junge Burschen trafen, um Schuhplattler-Tänze zu erlernen und aufzuführen. Dies basierte jedoch auf rein freiwilliger Basis und aus Spaß an der Sache. Zur Vereinsgründung kam es erst im Jahr darauf. Als sich nämlich 1922 herumsprach, dass beim „Hofbauernwirt“ in Teising zwei Schlossknechte aus dem Gebirge ab und zu Schuhplattler-Tänze zeigen, machten sich schnell auch einige Neumarkter Burschen, darunter Sepp Obermeier und Sepp König, daran, das Schuhplatteln zu lernen. In kurzer Zeit hatte sich eine Gruppe gebildet, welche Feuer und Flamme war für diese Sache. Sie ließen nicht mehr aus, bis 1923 durch die Gründung eines kleinen Vereins das Fundament für den heutigen Trachtenverein gelegt wurde.

Wolfgang Eckereder, Vorsitzender des Trachtenvereins Taubenbergler Stamm, wirbt für die Trachtensach. Sein Verein feiert in diesem Jahr das 100-Jährige.
Wolfgang Eckereder, Vorsitzender des Trachtenvereins Taubenbergler Stamm, wirbt für die Trachtensach. Sein Verein feiert in diesem Jahr das 100-Jährige. © Harald Schwarz

Ist das das Bewusstsein für die Trachtensach noch da? Oder gibt es da, vor allem im Jugendbereich, mittlerweile Reize, die für ein Vereinsleben wie das Eure nicht gerade hilfreich sind? Ist es schwierig geworden, Kinder zu begeistern?

Wolfgang Eckereder: Der Trachtenverein hat einen großen Stellenwert im Stadtleben. Bei den Veranstaltungen am Ort präsentiert sich der Verein mit seiner Tracht und ist neben wenigen anderen Ortsvereinen der Verein, der durch die sehr gute Kinder- und Jugendarbeit der letzten Jahre die meisten Kinder und Jugendliche der Ortsvereine hat. Auch im kirchlichen Bereich ist der Verein eigentlich nicht wegzudenken, da er bei den Festen immer stark vertreten ist. Natürlich wird es in Zeiten der sozialen Medien und der großen Vielfalt der Angebote für die Kinder und Jugendlichen immer schwieriger, diese zu begeistern. Am einfachsten erreicht man sie im Kindergartenalter. Auch die Eltern sind hier ein wichtiger Faktor, da sie die Kinder regelmäßig und pünktlich zu Proben und Veranstaltungen bringen müssen. Der Zeitaufwand für die Vorbereitungen ist, vor allem bei den Dirndln, nicht unerheblich – die Haare zu Zöpfen flechten, die Trachten pflegen und wenn die aus der Tracht rausgewachsen sind oder es Änderungen bedarf, sich darum zu kümmern. Auch sie müssen von der Sache überzeugt sein. Schwierig ist es natürlich, da das Freizeitangebot für die Jugend vielfältiger als noch vor 20 Jahren geworden ist.

Wie sieht es denn bei Euch im Verein aus? Haben Corona und die damit verbundenen Einschränkungen Spuren hinterlassen, was die Zahl der Mitglieder betrifft? Oder seid ihr da gut aufgestellt?

Eckereder: Natürlich ist auch bei uns Corona nicht spurlos vorübergegangen. Wie auch bei anderen Vereinen ging dadurch, dass es keine Proben und Treffen gab, einfach zwei Jahre der Nachwuchs ab. Aber es sind doch ganz viele anschließend wieder zu den Proben gekommen und jetzt heißt es wieder, neue Kinder und Jugendliche, aber auch Aktive für die Trachtensache zu begeistern. Es haben nicht mehr Kinder und Jugendliche aufgehört als sonst. Schade ist, dass sich die Lücke dieser zwei Jahre, wo es keine Neueintritte gab, nur schwer schließen lässt. Unsere ganze Jugendleitung mit allen Helferinnen und Helfern machen hierfür immer „Schnupperproben“, mit denen wir in der Öffentlichkeit Werbung machen. Ein Eintritt der Dirndl und Buam ab fünf Jahren ist das ganze Jahr über möglich. Alle sind herzlich willkommen.

Warum sollte man zum Trachtenverein gehen?

Eckereder: Beim Trachtenverein lernt man nicht nur das Tanzen, Platteln und Dirndldrahn auch das Miteinander ist eine Aufgabe, die für uns sehr wichtig ist. Bei den Kinderproben werden auch oft Spiele gemacht, um den Zusammenhalt zu fördern. Außerdem gibt es gemeinsame Ausflüge und bei der Jugend ein Zeltlager oder Hüttenausflüge. Ebenso wichtig sind aber auch Traditionen, bayrische Bräuche und Werte unserer Heimat zu vermitteln.

Wie schnell lernt man einen Schuhplattler, wie schnell das Dirndldrahn? Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um ein guter Tänzer zu werden?

Eckereder: Das lässt sich nicht so pauschal sagen. Die Schläge eines Schuhplattlers kann man verhältnismäßig schnell in einigen Stunden lernen. Zu einem guten Plattler gehört aber mehr. Hier sind die Körperhaltung sowie gleichmäßige Schläge notwendig. Das Ganze muss natürlich auch im Takt der Musik sein und auch Kondition ist hier gefragt. Beim Dirndldrehen ist ein guter Gleichgewichtssinn notwendig, um bei den schnellen Drehungen gleichmäßig im Kreis um den Plattlerbua zu drehen. Auch hier ist Kondition gefragt. Aber um gut zu platteln und zu drehen, ist es natürlich nicht abgetan, einige Stunden zu üben. Hier ist ein langer Weg hin und ohne viele Proben und viel Ehrgeiz kommt man nicht herum. „Das Können liegt im Wollen!“ Wie in jeder Sportart spielen Ehrgeiz und Disziplin eine große Rolle.

In unserer Region stehen Wettbewerbe, Preisplatteln und Dirndldrahn nach wie vor hoch im Kurs. Ist das Interesse grundsätzlich groß?

Eckereder: Hier hat sich in den letzten Jahren nicht viel geändert. Wie auch bei anderen Sportveranstaltungen ist das ein gegenseitiges Messen der Leistungen. Nach wie vor melden sich immer viele Kinder und Jugendliche unseres Vereins bei den Preisplatteln und Preisdirndldrahn an. Aber auch hier gibt es Jahre, wo es mehr oder mal weniger sind, aber der Trend ist immer noch da. Es liegt in den Genen der Menschen, sich mit Gleichaltrigen zu messen und zu behaupten.

Was ist das Besondere am Trachtenverein Taubenbergler Stamm?

Eckereder: Das Besondere am Trachtenverein ist, dass es sich um einen Familienverein handelt. Hier kann jeder aktiv dabei sein – vom Kindesalter bis ins hohe Alter.

Wie entstand eigentlich der Name? Während andere Enzian, Almröserl oder Edelweiß heißen, ist es bei Euch ein Hügel in Neumarkt-St. Veit: Wie kam das?

Eckereder: Nach dem 1923 sich ein kleiner Verein mit Platterbegeisterten gegründet hatte, gab es auch damals schon mit Problemen unter den Trachtler zu kämpfen. Der Name unseres Vereins geht vermutlich auf den Taubenberg, oben in Sankt Veit, zurück, auf dem der Verein 1931 in der Bier- und Weinstube „Max Allio“ eine neue Heimat fand.

Endlich wieder in Tracht: Die Trachtler vom Taubenbergler Stamm beim Auszug.
Endlich wieder in Tracht: Die Trachtler vom Taubenbergler Stamm beim Volksfest-Auszug im vergangenen Jahr. © Enzinger

Ich war selbst Trachtler, da wurde viel Wert gelegt, dass beim Preisplatteln der Haaransatz nicht am Hemdkragen aufliegt, dass das Hemd sauber aufgekrempelt ist oder sie Socken nicht rutschen. Da gab es dann Punktabzug. Ist das immer noch streng? Ist das nicht etwas zu akkurat?

Eckereder: Hier geht es darum, ein sauberes Bild abzugeben. Auch in anderen Sportarten ist dieses so. Und wenn die Messlatte manchmal etwas hoch und vielleicht zu akkurat zu sein scheint, glaube ich, dass es einfach notwendig ist. Außerdem muss ja keiner beim Preisplatteln mitmachen. Es gibt auch Kinder, Jugendliche und Aktive, die einfach Spaß und Freude am Tanzen und Platteln haben.

100 Jahre sind vorbei, das nächste Jahrhundert steht an: Wird’s dann Trachtenvereine noch geben?

Eckereder: Zu den Aufgaben eines Trachtenvereins gehört ja nicht nur das Pflegen und Erhalten der Trachten und Traditionen, sondern auch der soziale Gedanke, gemeinschaftlich etwas zu organisieren, zu unternehmen und zu erleben. Somit haben alle Vereine und nicht nur die Trachtenvereine auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch eine Daseinsberechtigung. Gerade in der heutigen „bunten Welt“ wird es wichtig, den Wert „Heimat“ zu vermitteln und zu leben. Und wie gesagt, wir sind ein Familienverein – ein Verein der Mitglieder jeden Alters hat. Mann wächst nicht raus, weil man zu alt geworden ist. Also hat er somit Bestand.

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