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Habeck-Aussage ärgert auch Bäcker in Mühldorf: „Brotessen kann man nicht verschieben“

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Von: Josef Enzinger

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Toni Jung in seiner Backstube: „Vielleicht verzichtet man auf Urlaub, wenn das Geld weniger wird. Aber die Frühstückssemmeln werden sich die Leute weiterhin gönnen“, ist sich der Schönberger sicher.
Toni Jung in seiner Backstube: „Vielleicht verzichtet man auf Urlaub, wenn das Geld weniger wird. Aber die Frühstückssemmeln werden sich die Leute weiterhin gönnen“, ist sich der Schönberger sicher. © Enzinger

Verwirrende Äußerungen hat Wirtschaftsminister Robert Habeck in der Talksendung „Maischberger“ zu Produktionspause und Insolvenz im Handwerk infolge der Energiekrise getätigt. Das hat den Bundesverband der Bäcker auf den Plan gerufen, der sich in einem Brandbreif an den Vize-Kanzler gewandt hat.

Schönberg – In einem Protestbrief hat sich der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks an das Büro des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gewandt. Dieser hatte mit einem Auftritt in der TV-Talksendung „Maischberger“ eine Welle der Entrüstung losgetreten. In der Sendung hatte der Wirtschaftsminister erklärt, dass Bäckereien und andere Handwerksbetriebe zwar aufhören könnten zu produzieren, deshalb aber nicht insolvent seien. Bei Vertretern der Bäckerinnung stößt er damit auf massive Verärgerung. Einer davon ist Elsaßbäcker Toni Jung aus Schönberg.

Lange Schließung kann sich niemand leisten

Habecks Äußerung habe zu zahlreichen erbosten Anrufen und Kritiken auf den bekannten Plattformen geführt, teilen die Verbandsvertreter dem Büro des Ministers mit. Unverständnis herrscht im Verband vor allem darüber, dass der Minister Handwerksbetrieben wie Bäckereien lediglich eine Produktionspause prognostizierte, wenn die Energiepreiskrise anhalte. Mit einer Insolvenzwelle hingegen rechne er nicht.

Nicht BMW oder Mercedes, die Produktion drosseln könnten

Gerade vor dem Hintergrund, dass es sich beim Bäckerhandwerk um eine energie- und personalintensive Branche handelt, die mit explodierenden Rohstoffpreisen konfrontiert ist und auch hohe Löhne zahlt, äußern die Bäcker Kritik. „Wir sind nicht BMW oder Mercedes, die in einer Finanzkrise die Produktion drosseln oder einstellen und den Kunden auf einen späteren Auslieferungstermin vertrösten können. Brotessen wird nicht im Februar nachgeholt“, heißt es in dem Schriftstück des Verbandes.

Nach zwei Jahren Corona kein Puffer mehr da

Zum einen werde es den Bäcker dann nicht mehr geben, denn er werde tatsächlich insolvent, weil laufende Kosten die Kassen leeren würden und nach zwei Jahren Corona auch kein Puffer mehr vorhanden sei. „Zum anderen treibt die Schließung den Kunden zu den Industriebroten aus dem Supermarkt“, befürchtet der Verband. „Der lokale Bäcker samt seiner Brotkultur verschwindet.“

Zwei Wochen gehen schon mal

Eine Befürchtung, die auch Elsaßbäcker Toni Jung teilt: „Wir hatten wegen einiger Corona-Fälle im Betrieb zwei Wochen lang zugesperrt. Das geht schon mal. Wir haben uns wieder erholt. Aber zwei Monate? Da würden uns die Leute davonlaufen. Es würde ein halbes Jahr dauern, die Kunden zurückzuholen“, sagt der Bäckermeister aus Schönberg, der sieben Filialen in den Landkreisen Mühldorf, Altötting, Landshut und Rottal-Inn betreibt.

„Wir brauchen schließlich unser tägliches Brot.“

„Was hat er sich bei dieser Aussage nur gedacht?“, fragt sich Jung. Man könne keine Bäckerei befristet zusperren. „Wir brauchen schließlich unser tägliches Brot.“ Durch die Corona-Krise habe er die Erfahrung gemacht: „Brot werden die Leute immer kaufen. Vielleicht verzichtet man auf Urlaub, wenn das Geld weniger wird. Aber die Frühstückssemmeln werden sich die Leute weiterhin gönnen“, ist er sich sicher.

Öfen nicht unnötig laufen lassen und das Licht ausschalten

Er selbst versucht, sich auf die hohen Energiepreise insofern einzustellen, dass die Öfen nicht unnötig laufen und das Licht nicht brennt, wenn es nicht sein muss. Fahrten zu den Filialen ließen sich durch kluges Management reduzieren. Und auch beim Materialeinkauf könne man sparen: „Großeinkäufe sind günstiger.“ Insgesamt sieht Jung die Zukunft nicht so düster wie manche seiner Kollegen. Kleine Preisanpassungen seien notwendig. Doch Jung rechnet damit, dass die Rohstoffpreise wieder fallen werden. „Auch der Mehlpreis bringt uns nicht um.“

Bäckermeister spricht von einer „gewissen Naivität“

Toni Eicher, Bäckermeister aus Erharting, spricht von einer gewissen „Naivität“, mit der Habeck in der Sendung aufgetreten sei. „Ein für Lebensmittel so sensibler Bereich wie eine Backstube kann man nicht einfach mal zusperren. Da würde sich das Ungeziefer freuen, wenn die Arbeiten eingestellt würden.“

Neubau verteuert sich gewaltig

Eicher ist ein Unternehmer, den die Krise in vielerlei Hinsicht trifft. Er baut gerade eine neue Bäckerei in Frixing, muss aber immer wieder Pausen einlegen, weil es an Material mangelt oder die Angebote überteuert sind. Er rechnet schon jetzt mit Mehrausgaben von über 20 Prozent für den Bau.

Jung verlangt Entschuldigung

Und jetzt noch die Energiekrise und die Überteuerung von Lebensmittel: „Der Zucker wird bis Oktober 70 Prozent über dem gewohnten Preisniveau sein.“ Für Heizöl habe er zuletzt den dreifachen Preis gezahlt. Das alles muss erst einmal wieder reingewirtschaftet werden, sagt Eicher. Es seien keine einfachen Zeiten. „Am wenigsten braucht es dann einen Minister, der mit solchen Aussagen zusätzlich zur Verunsicherung beiträgt“, schimpft Eicher.

Wie geht es jetzt weiter? „Eigentlich müsste sich Habeck entschuldigen, findet Toni Jung. Das reicht dem Zentralverband nicht, er will das Gespräch mit dem Minister, um zu erklären, „warum aktuell die Angst vor Insolvenzen im Bäckerhandwerk umgeht“.

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