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Klick-Klack: So haucht Stefan Beyrer aus Niederbergkirchen seinen Puppen Leben ein

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Von: Josef Enzinger

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Stefan Beyrer mit seiner ersten Marionette, einem Kasperl, den er im Alter von zwölf Jahren gebaut hat. In der Garage hat er seine ersten Vorstellungen gegeben.
Stefan Beyrer mit seiner ersten Marionette, einem Kasperl, den er im Alter von zwölf Jahren gebaut hat. In der Garage hat er seine ersten Vorstellungen gegeben. © Josef Enzinger

Am 26. Februar feiert die Augsburger Puppenkiste ihren 75. Geburtstag. Auf so viele Jahre bringt es das Klick-Klack-Theater der Eheleute Beyrer nicht. Aber den Vergleich mit der berühmten Puppenbühne braucht das Ehepaar aus Niederbergkirchen nicht zu scheuen, das seit über 30 Jahren mit seiner Bühne durch ganz Süddeutschland tourt.

Niederbergkirchen - Spätestens wenn Stefan Beyrer die Figur in den Händen hält, die Finger am Spielkreuz in Position bringt und er die ersten Fäden bewegt, ist er in seinem Element. Dann ist er nicht mehr Stefan Beyrer, sondern voll und ganz der Charakter, den er nicht nur gekonnt über die Bühne tanzen lässt, sondern dem er mit seiner Stimme Leben einhaucht. Die Figur, die Fee Kräuterweis aus dem Märchen „Zwerg Nase“, gestikuliert bedeutungsschwanger, und unweigerlich zieht sie den Blick des Zuschauers auf sich, wenn Beyrer auch noch den Mund der alten Frau bewegt und dazu mit krächzender Stimme einen Monolog zum Besten gibt, der im Märchen die Verwandlung des kleinen Jakobs heraufbeschwört.

Beyrer hat das Stück schon zigfach aufgeführt, kennt den Monolog in- und auswendig. Auch wenn er schon seit 31 Jahren professioneller Puppenspieler ist: Seine Augen glänzen immer noch, wenn er in seinem Element als Puppenspieler ist. Mit voller Leidenschaft ist er bei der Sache.

Schon als Zwölfjähriger Figuren geschnitzt

Diese Leidenschaft hat bei ihm tatsächlich die Augsburger Puppenkiste geweckt, wie Beyrer verrät. „Die hat mich schon als Bub inspiriert“, erzählt der 67-Jährige und erinnert sich an die Mumins-Familie, die regelmäßig im Fernsehen zu sehen war. Beyrer verrät, dass er sogar die sonntäglichen Auftritte mit dem Kinderchor geschwänzt habe, damit ihm ja nicht die Puppenkiste entging. „Neun Jahre war ich damals alt“, sagt Beyrer, der schon mit zwölf Jahren zusammen mit einem Freund in der Garage Puppentheater aufgeführt hat. „Räuber Hotzenplotz“ stand damals auf dem Spielplan des Teenagers. Die Marionetten, die haben die beiden Freunde selbst gebastelt. Den Kasperl hat der 67-Jährige immer noch. An dieser Figur ist bereits zu erkennen, welches handwerkliche Talent der Passion Beyrers zugrunde lag.

Bevor der Künstler das Schnitzwerkzeug in die Hand nimmt, formt Stefan Beyrer den Kopf mit Knetmasse.
Bevor der Künstler das Schnitzwerkzeug in die Hand nimmt, formt Stefan Beyrer den Kopf mit Knetmasse. © Josef Enzinger

Immer wieder beim Marionettentheater in der Blumenstraße

Immer wieder fuhr der Münchner mit der Straßenbahn in die Blumenstraße zum Marionettentheater, um zu lernen. Irgendwann durfte er sogar hinter die Bühne. Und dann kam der Tag, als er von den Theaterbesitzern gefragt wurde, ob er denn mitspielen möchte. Das ließ sich Beyrer nicht zweimal sagen. Anfangs waren es noch kleine Rollen für das damals jüngste Mitglied des Münchner Marionettentheaters. Doch die „Sucht“ war geweckt, Marionetten unter seinen Fingern lebendig werden zu lassen.

Wie viele Figuren bei den Beyrers auf dem Dachboden lagern, wissen die Puppenspieler selbst nicht genau. Stefan Beyrer schätzt „um die 200“.
Wie viele Figuren bei den Beyrers auf dem Dachboden lagern, wissen die Puppenspieler selbst nicht genau. Stefan Beyrer schätzt „um die 200“. © Josef Enzinger

In Oberammergau die Schnitzkunst verfeinert

Das nötige Handwerkszeug zum Figurenbau hat er sich zudem durch eine Ausbildung zum Holzbildhauer an der renommierten Oberammergauer Schnitzschule erworben. Allerdings musste er feststellen: Wenn er seinen Puppen einen Charakter geben will, dann reicht die filigrane Oberammergauer Schnitztechnik nicht. Seine Puppen, die er aus Zirbelholz herstellt, benötigen Ausdruck, eine Mimik, die auch von der letzten Reihe im Zuschauerraum noch zu erkennen ist. „Das kann ein hervorstehendes Kinn bei einem Räuber sein, die große Nase beim Kasperl, riesige Kulleraugen bei einer Hexe. Die Figur muss eine Fernwirkung haben“, erklärt Beyrer.

Begeisterung in Schulen und Kindergärten

Beyrer perfektionierte seine Fähigkeiten in den Werkstätten der Bayrischen Staatsoper. Professionelle Weiterbildungen und Kurse entfachen seine Leidenschaft für verschiedene Techniken und Bauweisen immer wieder aufs Neue. 1991 war es dann, als Beyrer alles auf eine Karte setzte. Mit damals 35 Jahren gab er seine Festanstellung am Münchener Nationaltheater auf, um zusammen mit seiner Frau Silvia das Klick-Klack-Theater zu gründen.

Skizzen als Schnitzgrundlage: So soll der Räuber Hotzenplotz mal aussehen.
Skizzen als Schnitzgrundlage: So soll der Räuber Hotzenplotz mal aussehen. © Josef Enzinger

Märchen der Gebrüder Grimm, von Wilhelm Hauff, Michael Ende oder Hans-Christian Andersen sind es, die die beiden auf die Bühne bringen. 22 Stücke hat er inszeniert, im ständigen Programm hat er elf Stücke, die er in Schulen, Kindergärten und Theaterbühnen zur Aufführung bringt. Teilweise hat er Marionetten auch wieder ausgemustert, weil die Stücke nicht mehr der politischen Korrektheit entsprachen. „Der kleine Tiger“ zum Beispiel, bei dem ein „Neger“ vorkommt, da hat es schon auch mal Kritik gegeben.

Marionetten, Stock -, Stab- und Flachfiguren

Marionetten, Stock -, Stab- und Flachfiguren, haben Silvia und Stefan Beyrer in ihrem Sortiment. Wenn sie ihren Figuren Leben einhauchen, dann herrscht blindes Verständnis. Stehen drei Figuren auf der Bühne, bewegt Silvia die Marionette und Stefan spricht den Text. Oder andersrum. Immer wieder werden die Kinder eingebunden. Oft müssen sie schmunzeln, wenn auf die Frage, ob denn der Räuber schon da war, eine Stimme aus Kinderschar erwidert: „Du musst schon a bisserl geduldig sein!“ Da darf man natürlich nicht lachen, „wir retten uns mit einer kurzen Pause durch so eine Situation“, lacht Beyrer.

Der Räuber Hotzenplotz kurz vor der Vollendung.
Der Räuber Hotzenplotz kurz vor der Vollendung. © Josef Enzinger

Nach Corona war erst einmal eine Auffrischung gefragt

Während der Pandemie war das Klick-Klack-Theater auch einer Zwangspause unterworfen. „Tatsächlich mussten wir die Stücke alle erst wieder auffrischen. Man muss sich wieder einlesen, merkt erst, wenn man das Textbuch in der Hand hält, wie sich beim Spiel eigene Interpretationen eingeschlichen haben“, erzählt Silvia Beyrer. Mittlerweile aber sind die beiden wieder ganz gut im Geschäft. Bis Ende April sind es 17 Veranstaltungen, bei denen sie das Rumpelstilzchen, Dornröschen oder Kalif Storch auf die Bühne bringen. Der nächste Termin findet in Waldkraiburg statt. Am 26. Februar ist das der Fall, wenn sich um 15 Uhr der Froschkönig im Haus der Kultur zum Prinzen küssen lässt.

Molière als Projekt für den Ruhestand

Die Muse ist es indes, die auch weiterhin Stefan Beyrer küssen wird. 67 Jahre ist Stefan Beyrer inzwischen alt. Ans Aufhören denkt er aber noch lange nicht. Zu groß ist die Leidenschaft, die er mit dem Puppenspiel in Verbindung bringt. Und wenn es dann doch soweit sein sollte, dass er die berufliche Tätigkeit an den Nagel hängt, wird er trotzdem nicht die Hände in den Schoß legen. Ein Projekt hat er schon im Hinterkopf. Molières „Der eingebildete Kranke“ wäre so eine Herausforderung, der er sich gerne im Ruhestand widmen möchte. Ein Puppentheater, eher für Erwachsene. Die Skizzen für die einzelnen Charaktere - zwölf Stück - hat er schon vorbereitet. Jetzt fehlt nur noch die Zeit dafür. „Und die wird kommen. Dann mache ich meinen Beruf zu meinem Hobby!“

Augsburger Puppenkiste gibt es seit 1948

Am 26. Februar 1948 feierte das Puppentheater mit dem Stück „Der gestiefelte Kater“ Premiere. Gegründet wurde es vom Regisseur Walter Oehmichen. Er hatte die Idee, eine transportable Bühne zu bauen, die man einfach und praktisch in eine Kiste packen und mitnehmen konnte. Bekannteste Figuren der Puppenkiste sind Jim Knopf, Urmel und Kater Mikesch. Mit der Augsburger Puppenkiste verbindet Stefan Beyrer auch die Tatsache, dass er dort schon Figuren aus seiner Werkstatt in Bach ausgestellt hat. Das Museum für PuppentheaterKultur in Bad Kreuznach hat ihm sogar einen Figurensatz abgekauft. Pettersson und Findus bereichern dort die Ausstellung.

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