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„Suppe aus der Schnabeltasse?“ - Darum geht der Neumarkter Postwirt auf die Barrikaden

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Von: Josef Enzinger

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Da schwappt die Suppe über den Tellerrand hinaus. Gastwirt Gregor Konski ist nicht glücklich mit der Schieflage am Stadtplatz, will am liebsten eine Terrasse aufstellen lassen.
Was stimmt da nicht? Gastwirt Gregor Konski mit einem Suppenteller. © Enzinger

Am Neumarkter Stadtplatz ist der Frust bei manchen Geschäftsinhabern groß. Einer davon ist der Postwirt, der für seinen Biergarten auf die Barrikaden geht. Das ist der Hintergrund.

Neumarkt-St. Veit – Wenn der Postwirt aktuell im „Biergarten“ vor seinem Wirtshaus Suppe serviert, kann es schon sein, dass Flädle und Co. über den Tellerrand hinaus schwappen. Denn nach der Stadtplatzsanierung fällt das Kopfsteinpflaster nicht nur in Richtung Unteres Tor ab, sondern auch zur Straße hin. „So viele Bierdeckel können wir gar nicht unter den Tisch schieben, dass wir das gerade hinbekommen!“, schimpfen die Wirtsleute Marzena Glosek-Lebioda und Gregor Konski.

Die beiden Pächter des Postwirts hätten gerne eine Freischankfläche, um das Gefälle auszugleichen. Doch ein Antrag in diese Richtung war im Bauausschuss abgelehnt worden. Das sorgte für Unmut bei Post-Wirt. „Seit Jahren gab es immer eine Terrasse!“ Bei seinem Vorgänger, der Familie Hattenkofer. Und auch bei seinem Vor-Vorgänger, der Familie Berghammer. „Und plötzlich sollen die Gäste Suppe aus der Schnabeltasse trinken, weil sie vom Teller raus läuft!“, regen sich Wirtin Marzena und ihr Lebensgefährte Gregor über das soziale Netzwerk Facebook auf.

Es geht darum, dass die Stadt nach dem Abschluss der Sanierungsmaßnahme am Neumarkter Stadtplatz die Holzterrassen, wie sie bisher vor den Gastronomie-Betrieben in der Stadt üblich waren, gerne vom Stadtplatz verbannen möchten.

Gefälle am Stadtplatz muss kompensiert werden

Die aber waren alleine schon deswegen aus Sicht der Wirte notwendig, um das Gefälle vor den Gasthäusern zu kompensieren. „Die Sanierung des Stadtplatzes ist gut geworden. Es schaut richtig schön aus. Aber was hilft mir ein sanierter Stadtplatz, wenn ich draußen keinen Biergartenbetrieb bewerkstelligen kann?“, fragt die Wirtin.

Marzena Glosek-Lebioda und Gregor Konski sind seit genau zwei Jahren Pächter des Gasthofs „Zur Post“. Sie haben aufgesperrt und mussten nur einen Monat später wieder schließen, weil die Corona-Beschränkungen keinen Restaurant-Betrieb zugelassen hatten. Dann kam die Sanierung: „Deswegen haben wir die alte Terrasse am Stadtplatz gar nicht erst aufgebaut“, erzählt Marzena Glosek-Lebioda.

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Schöne, sonnige Tage hat er genutzt, um Tische rauszustellen. Doch jeder einzelne musste entsprechend an die Höhenunterschiede angeglichen werden.

Und die sind vor dem Gasthof zur Post gravierend. „Andere Gastronomen haben nicht dieses Gefälle wie wir“, Wirtin Marzena blickt rüber zum Café Windhager und zur Eisdiele Gondola, während er das sagt. „Aber ich kann keine Speisen servieren, weil die Soßen über den Tellerrand laufen. Ob das Schwäbische Leckerle oder das Rumpsteak ,Zur Post‘ – das haut Dir alles vom Teller ab!“

Bürokratie bremst die Gastronomen aus

Das hätten die beiden Wirtsleute bei einem Ortstermin auch den Vertretern der Stadt erklärt. Klar könne man im Sommer auf die Hinterhof-Terrasse des Gasthofes ausweichen. „Aber das Flair auf den frisch sanierten Stadtplatz ist schöner“, sagen die beiden Wirtsleute, die jetzt natürlich gastronomisch von der Sanierung profitieren wollen. Das können Marzena und Gregor allerdings nicht, wenn ihnen die Bürokratie im Weg steht. „Das setzt sich nämlich bei den Schirmen fort!“, so Gregor Konski.

Farbige Sonnenschirme passen nicht ins Konzept

Großflächige rote Sonnenschirme habe er, mit weißer Schrift, gesponsert von seiner Brauerei, vier Stück mit einem jeweiligen Durchmesser von 3,5 Metern. „Aber es ist nicht sicher, ob ich die aufstellen darf. Denn die Stadt plant ja offenbar eine Vereinheitlichung. Dabei haben Farbtupfer noch nie geschadet“, meint Konski. Und dann denken die Wirtsleute Marzena und Gregor auch noch an die Gäste: „Es ist doch auch für sie schöner, auf einer schönen Terrasse zu sitzen als nur auf einem Parkplatz“, gibt Wirtin Marzena die Meinungen ihrer Gäste wieder.

Aufenthaltsqualität am Stadtplatz soll verbessert werden

Bürgermeister Erwin Baumgartner (UWG) verweist zur künftigen Nutzung von Freischankflächen auf das Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK), in welchem festgezurrt sei, dass man bei der Umgestaltung des Stadtplatzes Möglichkeiten prüfen soll, Teilbereiche vom ruhenden Verkehr (Parkplätze) zu befreien und als Räume mit hoher Aufenthaltsqualität, etwa für Außengastronomie zu qualifizieren. Er betont: „Es war auch in der ganzen Planungsphase unserer Philosophie und erklärtes Ziel, dass Leben und die Aufenthaltsqualität am Stadtplatz mit Freischankflächen zu verbessern.“

Postwirt möchte eine größere Freischankfläche

Die bestehenden Gastterrassen würden, so Baumgartner weiter, über die notwendigen Genehmigungen verfügen, allerdings für die bisherigen Flächen und Größen. Beim Postwirt seien dies bislang im Rahmen der 40 Quadratmeter gewesen. „Wenn diese Freischankflächen jetzt größer werden sollen, sind natürlich auch die Gegebenheiten des Stadtplatzes zu berücksichtigen. Die uns bekannte neue gewünschte Fläche ist nunmehr 66 Quadratmeter groß!“

Stadt hat noch nichts entschieden

Baumgartner betont, dass noch nichts entschieden sei. Die Stadt werde auf Basis der Erfahrungen von den Gastronomen eine Gestaltungsfibel erarbeiten. „Natürlich versuchen wir dann, die gewünschten Änderungen zu ermöglichen!“

Für die noch kommenden schönen Herbsttage nur ein schwacher Trost. Wenn das herbstliche Wetter weiterhin mit sommerlichen Temperaturen gesegnet ist, will Wirt Gregor vor dem Gasthof weiterhin zumindest Tische aufstellen. An genügend Bierdeckeln, um die Tische „ins Wasser“ zu bringen, soll das Ganze nicht scheitern.

Und damit nicht sämtliche Suppen über den Tellerrand hinauslaufen, haben die beiden Postwirte improvisiert: Es gibt jetzt keine Suppenteller mehr – sondern Schüsseln.

Auch der Denkmalschutz und die Städtebauförderung mischen bei den Terrassen mit

Für die Sanierung des Stadtplatzes war eine Erlaubnis nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz notwendig. Darin heißt es, dass auch die Gasterrassen in der Fläche des Platzes zu integrieren sind. Einer Abgrenzung durch Zäune werde nicht zugestimmt. Eine weitere Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege sei erforderlich, die Ausstattungselemente seien ebenso mit dem Denkmalamt abzustimmen. Vorgaben gebe es, laut Baumgartner auch seitens der Städtebauförderung, welche die Einschätzung des Denkmalschutzes teile, dass Podeste so weit wie möglich vermieden werden sollen, um entsprechend dem Entwurfskonzept für die Neugestaltung eine möglichst großzügige Raumwirkung zu erzielen. Eine Abgrenzung durch Zäune widerspreche den Planungszielen, vielmehr sollte auch auf Geländer an zwingend erforderlichen Podesten nach Möglichkeit verzichtet werden.

Zur Verschattung, Möblierung und Bepflanzung der Gastterrassen regte die Städtebauförderung an, „gemeinsam mit den Betreibern ein einheitliches Konzept zu entwickeln und in einer Gestaltungssatzung zu fixieren. Der Benutzung von Sonnenschirmen der jeweiligen Brauereien ist dabei grundsätzlich denkbar, sofern diese den Gestaltungsvorgaben entsprechen.“ Der Stadtrat hat daraufhin im Mai 2022 die Erstellung eines „Gestaltungsleitfaden“ beschlossen, der aber erst noch erarbeitet werden soll. „Man wollte die bisherigen Freischankbetreiber nicht schon mit festen Vorgaben in dieser Saison konfrontieren“, sagt Baumgartner. Stattdessen seien die Inhaber von Freischankflächen schon im Juni darüber informiert worden, dass das Jahr 2022 als „Probesaison“ genutzt werden soll, um Erfahrungen zu sammeln. Bis zum 30. November 2022 sollte dann die Rückmeldung seitens der Gastronomen erfolgen, was noch zu ändern oder anzupassen sei. Zur rechtlichen Situation sagt Baumgartner, dass laut bayerischer Bauordnung Freischankflächen mit einer Größe von bis zu 40 Quadratmetern verfahrensfrei seien, einschließlich einer damit verbundenen Nutzungsänderung einer Gaststätte oder einer Verkaufsstelle des Lebensmittelhandwerks. Für Flächen von mehr als 40 Quadratmetern sei eine Baugenehmigung erforderlich, außerdem eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis.

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