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Loch im Herzen, Koma, Krebs: Wie „Wundermann“ Ramon Kempin trotzdem zum Fitness-Champ wurde

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Von: Josef Enzinger, Kirsten Seitz

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Ramon Kempin hat über den Fitnesssport zurück ins Leben gefunden. Geholfen hat ihm bei der Umsetzung seiner Ziele Fitness-Coach Christian Heimerdinger (rechts).
Ramon Kempin hat über den Fitnesssport zurück ins Leben gefunden. Geholfen hat ihm bei der Umsetzung seiner Ziele Weltmeister Christian Heimerdinger (rechts). © Kirsten Seitz

Als Ramón Kempin am 19. November 2022 bei der Internationalen Bayerischen Meisterschaft stolz seinen Pokal als Fitnesssportler in seinen Händen hielt, wurde ein Wunder wahr. In seinem Leben sprang der Mann aus Neumarkt-St. Veit gleich mehrmals dem Tod von der Schippe.

Neumarkt-St. Veit– Dass Ramón Kempin jemals die Treppen zur Bühne besteigen würde, daran war lange nicht zu denken. Denn hinter dem Mann aus Neumarkt-St. Veit liegt ein Leben voller Entbehrungen und Schicksalsschläge. Das begann schon im Kindesalter. „Als ich zwei Jahre alt war, musste ich das erste Mal lange Zeit ins Krankenhaus. Ich hatte zwei Löcher im Herzen und eine Herzwandentzündung. Das konnte damals nicht operiert werden und so wurde es mit einer extremen Antibiotikatherapie behandelt“, erzählt Kempin. Zweimal erlitt er einen anaphylaktischen Schock, nur knapp entrann er dem Tod.

Löcher im Herzen und anaphylaktischer Schock

Die Löcher in seinem Herzen heilten, doch sein Immunsystem war zerstört. Der heute 36-Jährige war anfällig für Krankheiten. „Ich durfte nicht in den Kindergarten, weil das Risiko einer Ansteckung oder Verletzung zu groß war“, berichtet Kempin. Teilhabe am Vereinsleben, mit Freunden spielen, einfach nur Kind sein zu dürfen - das war unmöglich. Da er nie Sport machen durfte, kränklich, schwach, dünn und blass war, wurde er von den anderen Kindern ausgegrenzt.

Das Buchcover von Ramón Kempin. Er hat seine Erfahrungen niedergeschrieben und erzählt wie Ziele zu seinem Anker wurden.
Das Buchcover von Ramón Kempin. Er hat seine Erfahrungen niedergeschrieben und erzählt, wie Ziele zu seinem Anker wurden. © Kirsten Seitz

Im Fitnessstudio eine Nische gefunden

Erst als er älter wurde, fand er in das „normale“ Leben, mit Freunden, mit Partys und Spaß. Seine Erkrankungen schränkten seinen sportlichen Radius aber weiterhin ein. „Als ich mit 16 meine Ausbildung machte, meldete ich mich im Fitnessstudio an. Ich entwickelte sofort eine Leidenschaft dafür“, erzählt der Neumarkt-St. Veiter. Er konzentrierte sich auf Krafttraining, das ihm erlaubte, das Tempo selbst zu bestimmen. Ganz etwas anderes als Teamsportarten wie Fußball, Handball oder Volleyball, in denen man bis an die Leistungsgrenzen gehen muss.

Endlich ging es im Leben bergauf. Doch das Schicksal schlug erneut erbarmungslos zu. Am 13. September 2013 wurde er von einem Auto erfasst. Kempin erlitt schwerste Kopfverletzungen und unzählige Knochenbrüche, Beine und Arme waren zertrümmert. Die Ärzte gaben ihm kaum Überlebenschancen. Als er aus dem Koma erwachte, glich das einem Wunder. Allerdings war er an den Rollstuhl gefesselt, es folgte ein neun Monate dauernder Klinikmarathon.

Reha mit vielen positiv gestimmten Menschen

Doch Aufgeben war für Kempin keine Option: „Ich sah in der Reha so viele Menschen mit schlimmen Schicksalen. Aber sie waren alle so positiv. Das hat mich wieder nach oben gebracht“, sagt er. Als völlig anderer Mensch sei er nach Hause gekommen, der Sport sollte ihn auf die Beine bringen. Anfang 2015 begann er, im Fitnessstudio zu trainieren. Das gab ihm Struktur. Da er seinen alten Job nicht mehr ausüben konnte, absolvierte er ein Studium zum Techniker im Bereich Kälte- und Klimasystemtechnik. Bis er im November 2019 eine Schockdiagnose erhielt: Hirntumor.

2013 wurde Ramón Kempin als Fußgänger von einem Auto jerfasst und schwer verletzt. Dass er diesen Unfall überlebt hat, grenzt an ein Wunder.
2013 wurde Ramón Kempin als Fußgänger von einem Auto erfasst und schwer verletzt. Dass er diesen Unfall überlebt hat, grenzt an ein Wunder. © fib/Eß

Wieder waren Klinikaufenthalte notwendig. Chemotherapie und Bestrahlung. „Für mich war klar, wenn ich den Krebs überstehe, heirate ich Kathrin. Sie ist mein Lebensglück“, sagt er über seine Partnerin, die mit ihm dieses düstere Kapitel überstanden hat. Im September 2021 heiratete er seine große Liebe. Im März werden die beiden Eltern.

Er spürt jeden Wetterumschwung

Der Neumarkter steckte sich Ziele. Dazu gehörte, einmal als Fitnesssportler auf der großen Bühne stehen. Begleitet wurde er von Coach Christian Heimerdinger, Weltmeister im Fitness-Sport, der ihm Ernährungs- und Trainingspläne erstellte. „Wir mussten immer wieder Anpassungen vornehmen, da Ramón aufgrund seiner Motorik und infolge der Operationen nicht alle Übungen ausführen konnte“, so Heimerdinger. Nägel in beiden Armen hemmen seine Bewegungen. Sein linker Fuß macht ihm Probleme, er spürt jeden Wetterumschwung.

Trotz allem sei er nie in Watte gepackt worden. „Sorgen, dass er aufgrund seiner Geschichte seine sportlichen Ziele nicht erreichen könnte, hatte ich keine. Sport heilt alle Wunden“, daran hat Heimerdinger keine Zweifel. Tatsächlich erklomm Ramón die Stufen zur Bühne der Internationalen Bayerischen Meisterschaft, wo der Fitnesssportler stolz seinen Pokal als Sechstplatzierter in der Kategorie ´Männer Physique 3 (über 180 cm)` überreicht bekam. Einer seiner größten Träume wurde wahr.

Anderen Menschen Mut machen

Noch ein Ziel hat Ramón Kempin, der sich zum Fitnesstrainer und Ernährungsberater ausbilden lässt, in die Tat umgesetzt: Seine Geschichte als Buch zu veröffentlichen, um anderen Menschen Mut zu machen.

Wie Ziele zum Anker wurden

Buchtitel: Lebenswogen – Wie Ziele zu meinem Anker wurden; Erhältlich als Softcover: 24,99 Euro und eBook: 14,99 Euro; Erhältlich aktuell nur über Ramon Kempin

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