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Gans schön teuer: Warum der Preis für die Weihnachtsgans durch die Decke geht

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Von: Christa Latta

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DEHOGA-Kreissprecher und Hammerwirt Holger Nagl (links) und sein Küchenchef Albert Nagl sind gespannt, was die Dauerkrise der Gastronomie und ihren Gästen noch alles abverlangen wird.
DEHOGA-Kreissprecher und Hammerwirt Holger Nagl (links) und sein Küchenchef Albert Nagl sind gespannt, was die Dauerkrise der Gastronomie und ihren Gästen noch alles abverlangen wird. © Latta

Es hängt viel dran an einer deutschen Gans und heuer schlägt sich das so richtig im Preis nieder. Egal, ob man sie selbst zubereitet oder im Restaurant verspeist, das Angebot ist knapp und muss entsprechend bezahlt werden. Die heimischen Gastronomen müssen in ihrer Kalkulation einiges berücksichtigen und dazu noch echtes Fingerspitzengefühl beweisen.

Mühldorf – In vielen Familien macht erst die gebratene Gans auf dem Tisch das Weihnachtsfest rundum komplett – ob aus heimischer Küche oder im Gasthaus serviert.

Wer allerdings genauer auf den Preis schauen will oder muss, und das ist heuer sicher in vielen Haushalten ein Thema, dem könnte der Appetit auf die Gans gründlich vergehen. Eine kleine Umfrage der OVB-Heimatzeitungen hat ergeben, dass sich die Preise für das edle Geflügel, um bis zu 50 Prozent verteuert haben (siehe Kasten).

Wirte müssen ganz knapp kalkulieren

Trotzdem wollen die Wirte im Landkreis nicht darauf verzichten, ihren Gästen das Geflügel anzubieten. „Heuer müssen wir schon sehr knapp kalkulieren, um die Preise für eine Portion Gans noch erschwinglich und akzeptabel zu halten“, stellt Hammerwirt Holger Nagl auch als Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA fest. Wobei er infrage stellt, ob die von den Erzeugern aufgerufenen Preise für Enten und Gänse in ihrer Höhe tatsächlich gerechtfertigt sind, „die sind ins Uferlose gestiegen!“

Einen Preis für sein Lokal lässt er sich zwar noch nicht entlocken, aber er verspricht: „Wir werden in der Weihnachtszeit wieder gefüllte Ente und Gänsebraten auf der Karte haben und der Preis bei uns wird auch für das Weihnachtsessen einer ganzen Familie bezahlbar bleiben.“ Angesichts der immer weiter steigenden Preise für Lebensmittel und Energie sowie der Steigerung beim Mindestlohn von rund 25 Prozent, sei jeder Gastronom gezwungen, seine Preise zu erhöhen.

„Dieser Winter wird heiß“, sagt Nagl. Denn zu den hohen Kosten für einen Gastrobetrieb komme auch weiterhin der eklatante Fachkräftemangel: „Die Betriebe haben längst nicht mehr die Personalstärke wie vor Corona.“

Er beobachtet, dass immer mehr Gasthäuser und Restaurants im Landkreis ihre Öffnungszeiten massiv einschränken und mehr „Ruhetage“ einlegen, um mit der bestehenden Personaldecke über die Runden zu kommen: „Einige haben nur noch an den Wochenenden geöffnet, weil da mehr Gäste zu erwarten sind.“

So haben sich die Preise bei Grundnahrungsmitteln entwickelt. Zur Preisexplosion bei der Weihnachtsgans tragen auch Kükenfutter und der erhöhte Mindestlohn bei.Grafik Klinger/Quelle Verbraucherzentrale-cl
So haben sich die Preise bei Grundnahrungsmitteln entwickelt. Zur Preisexplosion bei der Weihnachtsgans tragen auch Kükenfutter und der erhöhte Mindestlohn bei. © Grafik Klinger/Quelle Verbraucherzentrale-cl

Ein Betrieb, der für seine Vollzeitkräfte sogar die Vier-Tage-Woche von Mittwoch bis Samstag eingeführt hat, ist der Pauliwirt in Erharting. Zum einen, weil es in der Branche an Fachkräften fehlt. Zum anderen, weil es laut Restaurantleiter Hannes Dommer „gut für das Arbeitsklima ist.“ Sein Team genieße den Luxus eines freien Sonntags oder mehrerer freier Tage, sei aber genauso bereit, an solchen Tagen freiwillige Schichten zu übernehmen, um etwa den Hotelbetrieb und Tagungen zu bewirten oder Caterings vorzubereiten.

Mit mehr Ruhetagen durch die Krise

Was die Gans rund um den Martinstag oder Weihnachten angeht, wird beim Pauliwirt eine Portion für 30 Euro zu haben sein. Dafür kommt der Koch mit der gebratenen Gans an den Tisch und zerlegt sie vor den Augen der Gäste. „Wir haben einigermaßen kostendeckend aber mit viel Fingerspitzengefühl kalkuliert“, betont Dommer. „Auch wenn für unseren Betrieb alles teurer wird, können wir das nicht ohne Limit an die Gäste weitergeben.“ Die Gäste zeigten Verständnis für gestiegene Preise bei Speisen und Getränken, aber: „Man merkt schon, dass sie auch anfangen, sparsamer auswärts Essen zu gehen.“

Futter und Energie sind Preistreiber

Nicht nur die galoppierenden Energiekosten für seine Brutmaschinen und Aufzuchträume machen Christian Hetzenecker, von Hetzenecker Küken, Biogeflügelzucht und Brüterei in Neumarkt-St. Veit Sorgen: „Das Mastfutter für Küken in Bioqualität ist rund 40 Prozent teurer als im Vorjahr.“ Zahlte er 2021 noch 51 Euro pro Kilo, so musste er 2022 fürs Kilo 72 Euro hinblättern.

Hetzenecker ist gespannt, „ob die Leute heuer noch Geld für eine Weihnachtsgans in der Tasche haben.“ Weil seine Kunden wohl damit rechnen, dass weniger Privathaushalte und Gastronomen heuer eine Gans kaufen werden, haben sie ihm 2022 deutlich weniger Gänseküken zu Mast abgenommen. Circa 11.000 Gänseküken waren es noch im Jahr 2021, dieses Jahr rund 7500.

„Zu Kirchweih habe ich dieses Mal keine einzige Gans verkauft“, sagt Michaela Obermeier-Lohner aus Niederbergkirchen, die mit ihren Verkaufswagen auf zahlreichen Wochenmärkten in der Region steht. Die Preise seien einfach zu hoch geklettert. „Eine Gans, die vergangenes Jahr noch für 50 bis 90 Euro zu haben war, kostet momentan 90 bis 130 Euro.“ Sie könne gut verstehen, dass das vielen zu kostspielig ist oder einfach nicht mehr ins Haushaltsbudget passt. Gänse werden bei Obermeiers von Mästern zu- und frisch oder tiefgekühlt weiterverkauft. „Das Angebot an deutschen Gänsen ist dieses Jahr noch dazu sehr gering, es wurden zu wenige eingestallt“, weiß sie. Der Grund dafür liegt auf der Hand: „Die Mäster haben Angst sie zu diesen Preisen nicht verkaufen zu können.“ Trotzdem sollte sich keiner Sorgen machen, dass er Weihnachten ohne den klassischen Gänsebraten feiern muss. „Bei uns sind sie ganz oder in Teilen noch zu haben“, so Obermeier-Lohner.

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