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Gibt es bald kein Schweinefleisch mehr aus Bayern?

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Von: Christa Latta

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Schwere Zeiten für Schweinehalter
Die Halter von Schweinen haben keinen leichten Job. Mit ihrer Arbeit Gewinn zu machen, wird immer schwieriger. © Annette Schneider-Solis / dpa

Auch im Landkreis Mühldorf haben Schweinemäster und Ferkelerzeuger wenig Grund zum Jubeln. Auf der einen Seite steigen die Erlöse, auf der anderen verlangen Tierwohl-Vorschriften den Landwirten immer größere Investitionen ab.

Mühldorf - Im November 2022 hat das Bayerische Landesamt für Statistik in Bayern insgesamt 2.409.300 Schweine gezählt. Ein Jahr davor waren es noch 332.200 Tiere oder 12,1 Prozent mehr. Die Anzahl der Schweine haltenden Betriebe hat um etwa 400 abgenommen, sie lag im November bei rund 3.500 Betrieben oder 91,3 Prozent des Vorjahresniveaus.

Auch die Schweinehalter im Landkreis Mühldorf sind dem Auf und Ab der Absatzpreise und Betriebskosten ausgesetzt. Und ebenso wie auf Bayernebene werfen im Landkreis alljährlich Schweinebauern angesichts unkalkulierbarer Gewinn- und Verlustaussichten hin und geben ihre Betriebe auf. Die OVB-Heimatzeitungen haben die aktuelle Entwicklung abgefragt.

„Allgemein hat sich die Lage für unsere Schweinehalter ein wenig entspannt“, stellt Gerhard Langreiter, Vorsitzender des Fleischerzeugerrings Mühldorf-Traunstein und stellvertretender BBV-Kreisobmann im Landkreis Mühldorf, fest. „Die Preise für Schweinefleisch sind momentan etwas gestiegen, die Betriebskosten gesunken.“

Gesetzgeber verlangt viel

Schweinehalter hätten aber weiterhin mit langfristigen Problemen zu kämpfen. Die vielen baulichen Auflagen des Gesetzgebers zugunsten von mehr Tierwohl machen Investitionen nötig, die viele Schweinebauern scheuen. „Einen kostspieligen Stallum- oder neubau für einige hunderttausend Euro ohne Aussicht auf ausreichend Gewinn kann und will sich nicht jeder leisten“, gibt Langreiter zu bedenken, der selbst Muttersauen und Ferkel hält.

„Im Landkreis Mühldorf hört in der Regel kein Schweinehalter unter der Zeit auf“, weiß er auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen zu berichten. Meist würden ältere Landwirte sich gegen hohe Neuinvestitionen entscheiden, sich stattdessen ein paar Jahre früher zur Ruhe setzen und ihren Betrieb auflösen. Hoferben und Jungbauern kehren der selbständigen Tierhaltung den Rücken und suchen sich eine andere Arbeit für ein sicheres Auskommen oder bewirtschaften nur noch die landwirtschaftlichen Flächen.

Gerhard Langreiter.
Gerhard Langreiter setzt auf Schweinefleisch aus der Region. © BBV

Die Umstellung auf Strohschwein- oder Biohaltung ist wieder mit hohen Kosten verbunden und auch kein Garant für gute Gewinne. Langreiter: „Dieses Schweinefleisch ist teurer und wird bei weitem nicht so viel nachgefragt und gekauft. Die Kunden haben dafür nicht das Geld und es bleibt liegen.“

Regionalität soll sich auszahlen

Noch diese Woche wird er an einer Tagung teilnehmen, bei der es darum geht, die Regionalität von Schweinefleisch besser zu vermarkten, daraus mehr Wert für die Erzeuger zu schöpfen. Unter anderem sollen dafür auch Metzger, Gaststättenverband oder Kantinen mit ins Boot geholt werden. Mit einem entscheidenden Aufschwung für Schweinehalter rechnet der Landwirt auf lange Sicht nicht, ganz im Gegenteil: „In den nächsten zehn Jahren werden im Landkreis Mühldorf rund zwei Drittel von Ihnen aufhören.“

„Für unseren Fleischerzeugerring Mühldorf-Traunstein, der die Landkreise Mühldorf, Altötting, Rosenheim, Traunstein, Berchtesgadener Land, Erding und Ebersberg umfasst, hatten wir zum Stichtag 1. Juli 2022 nur noch 69 Betriebe mit Zuchtsauen-Haltung mit insgesamt 6.400 Zuchtsauen“, weiß Clara Späth, Leiterin des Sachgebiets „Tierhaltung“ am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Töging nach einem Blick in ihre Unterlagen zu berichten. 2021 waren es noch 79 Betriebe mit insgesamt 7.060 Zuchtsauen und 2020 noch 84 Zuchtsauen-Betriebe mit 7.974 Zuchtsauen.

Schweinehalter Grafik
Die Zahl der Schweinehalter nimmt Jahr für Jahr weiter ab. © Verena Klinger

Teures Futter, niedrige Erlöse

„Die Ferkelerzeugung ist am stärksten betroffen von der aktuell wirtschaftlich schlechten Situation, da sich die Landwirte hier mit sehr hohen Kostensteigerungen konfrontiert sehen“, betont sie. Im Vergleich zu der Mastschweine-Haltung ist bei der Zuchtsauen-Haltung das Futter sehr teuer und die Erlöse für die Ferkel sind nicht kostendeckend. „Vor allem Ferkelerzeuger-Betriebe werden ihre Tierhaltung aufgeben. In den nächsten zehn Jahren sind in diesem Bereich sehr hohe Investitionen in den Umbau der Ställe gefragt. Das ist nicht rentabel.“ Sie geht davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren rund 50 Prozent der Zuchtsauen-Betriebe aufgeben werden.

Kein Schweinefleisch aus Bayern?

In der Schweinemast gab es im Fleischerzeugerring Mühldorf-Traunstein am 1. Juli 2021 noch 110 Betriebe, ein Jahr später noch 108. Die aktuelle Entwicklung weise aber auch hier nach unten: „Teilweise haben die Schweinemast-Betriebe bei uns ihre Produktion eingestellt und wegen der hohen Futterpreise im Frühjahr 2022 keine Schweine mehr gemästet.“

Gerhard Stadler vom Bayerischen Bauernverband warnt: „Jede Aufgabe in der Schweinehaltung ist nachvollziehbar. Doch der Blick in die Zukunft bereitet Sorgen: Wo sollen die bayerischen Ferkel, das bayerische Schweinefleisch längerfristig herkommen?“

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