Rädelsführer: "Diese Ausländer bauen nur Scheiße!"
Mühldorf/Töging – Am Dienstag müssen sich acht Jugendliche vor dem Jugendschöffengericht Mühldorf wegen Landfriedensbruch verantworten. Anfang April sollen sie eine Asylbewerberunterkunft in Töging angegriffen haben.
Das Wichtigste in Kürze:
- Gleich zwei Fälle werden verhandelt. Zwei der Angeklagten sollen drei Monate vor der Aktion gegen die Aslyunterkunft einen der Bewohner der Einrichtung angegriffen haben.
- Dem Hauptangeklagten wird sowohl vorgeworfen, der "Rädelsführer" der Aktion im April gewesen als auch an der Attacke im Januar beteiligt zu sein.
- Einige der Angeklagten wollen sich nicht äußern. Auch der Hauptangeklagte macht nur zögerlich und nach Ermahnungen Aussagen.
- Dieser räumte beide Taten ein, erklärte aber erheblich alkoholisiert gewesen zu sein.
- Der Großteil der Aussagen soll erst im Rahmen der nächsten Vernehmungstage gehört werden.
- Die nächsten Prozesstage sind am 20. Dezember 2016 und 10. Januar 2017.
UPDATE, 16.25 Uhr:
Am Nachmittag konnten sich die weiteren sieben Angeklagten zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft zu dem Marsch auf die Asylbewerberunterkunft in Töging äußern. Zwei davon haben von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Einer hat seinen Anwalt seine Stellungnahme vortragen lassen.
Die gemachten Aussagen decken sich in weiten Teilen. Auch hier gibt es aber offenbar Erinnerungslücken. So ist Stand jetzt der zeitliche Ablauf der Aktion nicht ganz klar. So gibt es beispielsweise widersprüchliche Aussagen, wann die Stöcke aufgenommen wurden, wer einen hatte und wie lange.
Sicher scheint, dass der Rädelsführer aufgrund starker Alkoholisierung im Laufe des Abends immer aggressiver wurde. Nachdem er von einem Asylbewerber angerempelt wurde, habe er nur noch davon gesprochen, "dass diese Ausländer nur Scheiße bauen", so die weiteren sieben Jugendlichen, soweit sie ausgesagt haben.
Die Gruppe der acht - auch das scheint nach den Aussagen sicher - hat sich per Zufall in Töging zusammengefunden. Nach der angeblichen Rempelei sei es in Richtung Asylbewerberheim gegangen. Die vier "Altöttinger", wie vier der Jugendlichen in der Gruppe aufgrund ihrer Wohnortferne zu Töging heißen, hätten zuerst nicht gewusst, wo es hin geht. Als sie dann davorstanden, sei es ihnen klar geworden.
Steine haben offenbar nur der Rädelsführer und ein weiterer Jugendlicher auf das Gebäude geworfen. Unklar ist die Frage, wieviele Feuerlöscher im Spiel waren. Der Rädelsführer habe aber mit einem Richtung Fenster der Unterkunft zu sprühen versucht. Wann das Wortgefecht mit wüsten Beschimpfungen, angeblich von beiden Seiten, begann, ist zeitlich ebenfalls noch nicht exakt einzuordnen.
Die Verhandlung wird am 20. Dezember fortgesetzt.
Auch Angriff im Januar wird verhandelt
Nicht allen Angeklagten wird in diesem Prozess dasselbe vorgeworfen. Bei zwei von ihnen, darunter dem mutmaßlichen Rädelsführer und Hauptangeklagten, besteht auch der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung gegen einen Bewohner der Unterkunft Anfang Januar diesen Jahres. Dieser Vorfall lag also drei Monate vor dem Fall, der allen acht Angeklagten vorgeworfen wird.
Die Aussagen gestalten sich schwierig. Nicht alle der acht Jugendlichen wollen sich zur Sache äußern. Bis jetzt hat sich der Hauptangeklagte zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft bereits in beiden Fällen geäußert. Aber er hält sich mit Detailaussagen zurück. So musste ihn der vorsitzende Richter im Laufe des Vormittags mehrfach darauf hinweisen, "dass es für Sie hier um einiges geht" und aus den Vernehmungsprotokollen zitieren.
"Wir wollten denen ein bisschen Angst einjagen"
Er sei in beiden Fällen betrunken gewesen, so der mutmaßliche Rädelsführer. Zur Tat im Januar sagte er, dass es nach einer Schubserei zwischen einem Asylbewerber und ihm wohl um seinen Geldbeutel und sein Handy ging. Beides soll ein in Töging untergebrachter Asylbewerber eingesteckt haben. Er habe ihm die Dinge nicht zurückgeben wollen. Daraufhin sei der Angeklagte, dann mit einem Feuerlöscher und schließlich mit einem Messer auf den Asylbewerber losgegangen. Er und der zweite in diesem Fall Beschuldigte hätten auch noch auf den Asylbewerber eingetreten, als dieser am Boden lag.
"Wir wollten denen ein bisschen Angst einjagen", kommentierte er nach mehrmaligen Ermahnungen des Richters schließlich die Aktion gegen die Asylunterkunft im April. Wer allerdings außer ihm Steine geworfen habe, daran könne er sich nicht erinnern.
Insgesamt sind für die Verhandlung noch zwei weitere Tage angesetzt. Aufgrund der hohen Anzahl der Angeklagten werde es erst am zweiten Verhandlungstag zu den Zeugenaussagen kommen, so der vorsitzende Richter
Der Vorbericht:
In der Nacht zum 3. April diesen Jahres soll die Gruppe mit Stöcken und Steinen ausgerüstet eine Asylbewerberunterkunft in Töging angegriffen haben. innsalzach24.de berichtete. Jetzt müssen sich die acht Jugendlichen vor dem Jugendschöffengericht Mühldorf dafür verantworten. Drei Verhandlungstage sind dafür angesetzt.
Es geht um Landfriedensbruch und im Fall des "Anführers" der Gruppe, einem zum Tatzeitpunkt 16-jährigen Deutschen aus dem Landkreis Altötting, auch um versuchte gefährliche Körperverletzung. Zwei der in der Unterkunft in Töging Einquartierten hätten ihn zuvor bei einer zufälligen Begegnung auf offener Straße "angerempelt". Nach Bekanntwerden weiterer Details betreffend vorherige Straftaten war Haftbefehl gegen den Jugendlichen "Rädelsführer" wegen Wiederholungsgefahr ergangen. Er konnte festgenommen werden.
rw/Pressemeldung Polizeipräsidium Oberbayern Süd