1. innsalzach24-de
  2. Innsalzach
  3. Region Mühldorf

Bei Unfall geholfen - jetzt ist der Retter in Not

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Carmen Krippl

Kommentare

Alexander M. mit seiner Familie
Alexander M. (42) mit Ehefrau Katharina (26) und den Töchtern Emely (7) und Fynnja (4 Monate): Nach dem Unfall verlor der Familienvater seinen Job, die Familie ist nun in großer finanzieller Not. © Ralf Kruse/tz München

Pastetten/Haag - Ein Familienvater (42) steht vor dem Ruin: Gesundheit weg, Geldsorgen drücken. Sein Unglück begann, als er im Oktober einem Unfall-Opfer helfen wollte.

Der 10. Dezember hätte für Alexander M. aus Pastetten ein Tag der Freude und des Stolzes werden sollen: Die Polizeiinspektion Landshut hatte den 42-jährigen Familienvater aus Pastetten (Landkreis Erding) eingeladen, um ihn für sein vorbildliches Verhalten zu ehren.

Auto rast in Unfallstelle

Alexander M.
Alexander M. © Polizeiinspektion Landshut

Am 23. Oktober 2013 war auf der B11 bei Eching ein Rollerfahrer gestürzt. Alexander M., damals Lkw-Fahrer für ein Unternehmen aus dem Landkreis Mühldorf am Inn, sah das Unglück und hielt sofort an, um zu helfen. M. sicherte die Unfallstelle, beruhigte und versorgte den verunglückten 55-Jährigen. Dann passierte es: „Plötzlich waren da Scheinwerfer. Ich bin gerade noch zur Seite gesprungen. Der Mann wurde mir regelrecht aus den Händen gerissen“, erzählte M. dem Landshuter Wochenblatt. Ein anderer Autofahrer hatte die Unfallstelle übersehen und hatte beide Männer erfasst. Der Rollerfahrer starb noch an der Unfallstelle.

Helfer erleidet Trauma

Auch M. wurde verletzt. Seine körperlichen Wunden heilen, aber sein Leben liegt seit diesem 23. Oktober in Scherben. Der Familienvater, der mit Ehefrau Katharina (26) zwei kleine Töchter (7 Jahre und 4 Monate) hat, ist heute in großen finanziellen Schwierigkeiten. Durch den Unfall traumatisiert, kann er seinen Beruf als Lkw-Fahrer nicht mehr ausüben: "Wenn ich fahre und es kommt Gegenverkehr, habe ich immer das Gefühl, ich muss jetzt ausweichen. Ich fahre deshalb nur noch Auto, wenn es unbedingt sein muss", sagt der 42-Jährige.

Job weg - Essensgutscheine von Tafel

Seinen Job hat Alexander M. ohnehin erst einmal verloren. Sein Chef, der Inhaber eines Bautransporte-Unternehmens, hatte M. im November saisonbedingt gekündigt. Die saisonale Kündigung an sich war nichts neues für M. Er ist seit vielen Jahren bei dem Unternehmer beschäftigt und war im Frühjahr immer wieder eingestellt worden. Was M. aber wunderte: Bei der diesjährigen Kündigung fehlte der sonst übliche Hinweis: "Weiter sichern wir Ihnen eine Vollzeitstelle zum Saisonbeginn zu." 

Und was M. richtig in Schwierigkeiten brachte: Sein letzter Lohn, der für Oktober, ging am 13. November auf dem Konto des Familienvaters ein. Die Bankauszüge von M. vom heutigen 11. Dezember, die rosenheim24.de vorliegen, belegen, dass seitdem tatsächlich keine Lohnüberweisung mehr angekommen ist. Damit die Familie zu essen hat, hilft im Moment die Tafel in Markt Schwaben mit Essensgutscheinen.

Streit um Lohnfortzahlung

M.s ehemaliger Arbeitgeber widersprach der Darstellung des Familienvaters. Er erklärte gegenüber rosenheim24.de, den Lohn von Alexander M. immer korrekt überwiesen zu haben. Den Novemberlohn kündigte er aus seiner Sicht fristgerecht für den 15. Dezember an. Aber: Fakt ist, dass der Arbeitgeber in den Monaten zuvor immer einen Vorschuss zum Monatsanfang an M. überwiesen hatte, damit dieser seine Miete bezahlen konnte. Dieser Vorschuss auf den November-Lohn war ausgeblieben, das belegen M.s Bankauszüge. Die Familien wartet nun sehnsüchtig auf den 15. Dezember. Das Geld für die ersten Dezembertage stünde M. wohl erst zum 15. Januar zu.

Da M. weiter krank geschrieben ist, wird nun auch die Krankenkasse die Lohnfortzahlung übernehmen. Doch hier kam heute der nächste Schock: M. hat telefonisch erfahren, dass es auch hier bis Januar dauern wird, bis von dieser Seite Geld auf sein Konto fließt. 

Wie Alexander und Katharina M. mit ihren Töchtern die nächsten Wochen überstehen sollen, wissen sie nicht. Die Miete ist fällig, die Stromrechnung, die Autoversicherung, die Babywindeln... "Zum Glück hat meine Frau gestern das Kindergeld bekommen, da konnten wir erst mal die dringendsten Sachen bezahlen", sagt Alexander M.

Um zu seiner gestrigen Ehrung nach Landshut fahren zu können, hatte Alexander M. für die Tankfüllung auf einem nahen Autobahnrastplatz Pfandflaschen gesammelt. Denn seinen Einsatz für das Unfallopfer bereut er nicht. Nicht zu helfen, wäre gegen seine Natur gewesen, sagt der 42-Jährige: "Man muss anderen helfen."

Polizei schockiert über Helfer-Schicksal

Die Mitarbeiter der Polizeiinspektion Landshut, die M.s Einsatz als besonders vorbildlich und selbstlos werten, waren tief betroffen, als er ihnen bei der Feierstunde seine Geschichte erzählte.  "Wir waren selbst sehr überrascht, als uns Herr M. von seinen massiven persönlichen Problemen berichtete, die ihm aufgrund des Unfalls und schließlich wegen seiner Hilfsbereitschaft entstanden sind. Herr M. ist in der aktuellen Situation aufgrund seiner Schilderungen leider auf Hilfe durch Dritte angewiesen", sagte Polizeihauptkommissar Stefan Scheibenzuber gegenüber rosenheim24.de Die Beamten der Dienststelle hätten im Anschluss lange beratschlagt, wie man helfen könne.

Wenn Sie helfen wollen

Wenn Sie Alexander M. und seine Familie unterstützen wollen: Das Landshuter Wochenblatt, das die Geschichte als erstes Medium thematisiert hat, organisiert die Hilfe (Telefon: 0871/1419-156; E-Mail: redaktion-la@wochenblatt.de)

Sehen Sie hier die Bilder von dem Unfall, bei dem M. erst half und dann selbst verletzt worden ist:

Polizeibericht über die Ehrung von Alexander M.:

Polizei dankt Ersthelfern 

LANDSHUT. „Wir wollten einfach nur helfen und haben irgendwie funktioniert“, so die übereinstimmende Aussage der beiden Ersthelfer im Rahmen ihres Besuchs bei der Polizeiinspektion Landshut. Eingeladen hatte die Behördenleitung Alexander M. (42 Jahre) aus dem Landkreis Ebersberg und den 51-jährigen Erwin F. aus dem Landkreis Landshut.

Die beiden Ersthelfer Alexander M. (links) aus dem Landkreis Ebersberg und Erwin F. aus dem Landkreis Landshut mit Polizeioberrat Rainer Kroschwald, Polizeioberkommissar Michael Otto und Polizeihauptkommissar Stefan Scheibenzuber
Die beiden Ersthelfer Alexander M. (links) aus dem Landkreis Ebersberg und Erwin F. aus dem Landkreis Landshut mit Polizeioberrat Rainer Kroschwald, Polizeioberkommissar Michael Otto und Polizeihauptkommissar Stefan Scheibenzuber © Polizeiinspektion Landshut

Beide waren anlässlich des folgenschweren Verkehrsunfalls am 23. Oktober auf der Bundesstraße 11 im Bereich Eching als Ersthelfer aktiv. Nachdem ein Rollerfahrer einen Lastwagen überholt hatte, kam er mit seinem Fahrzeug zu Sturz. Alexander M., der Fahrer des Lastwagens, konnte sein Gefährt noch rechtzeitig abbremsen und eilte dem Verunfallten sofort zu Hilfe. Ein entgegenkommender Autofahrer erkannte die Gefahrensituation zu spät, er erfasste sowohl den Rollerfahrer als auch Alexander M. Trotz eigener Verletzung versuchte der Lkw-Fahrer alles, um das Leben des schwerstverletzten Rollerfahrers zu retten. Erwin F. kam zufällig am Unfallort vorbei und begann zusammen mit Alexander M. mit der Einleitung von Erste-Hilfe-Maßnahmen. „Für mich gab es da nichts zu überlegen, es war selbstverständlich, dem Verunfallten in dieser Notsituation zu helfen“, sagte Erwin F.

Polizeioberkommissar Michael Otto war selbst an der Unfallstelle, er bescheinigte unter diesen schlimmen Umständen beiden Helfern ein nicht alltägliches hohes Engagement. Leider erlag der Rollerfahrer noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. Der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion, Polizeioberrat Rainer Kroschwald, würdigte im Rahmen des Besuchs das vorbildliche Verhalten und händigte beiden als Anerkennung ein Dankschreiben aus.

Pressebericht Polizeiinspektion Landshut

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion