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Der letzte Sud: Mit 6000 Liter Bio-Dinkel-Weißbier endet die Unertl-Geschichte in Mühldorf

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Von: Josef Enzinger

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Wolfgang Unertl mit Sohn Luis, der den Hebel umlegt: Mit der Leerung des letzten Biertanks endet die 91-jährige Geschichte der Brauerei Unertl in der Altstadt.
Wolfgang Unertl mit Sohn Luis, der den Hebel umlegt: Mit der Leerung des letzten Biertanks endet die 91-jährige Geschichte der Brauerei Unertl in der Altstadt. © Enzinger

Nach 91 Jahren wird nun kein Bier mehr am Stadtwall gebraut, sondern in Aldersbach. Doch Wolfgang Unertl kündigt an: „Ich komme wieder!“

Mühldorf – Die Leitung liegt schon bereit, als das Tankfahrzeug in Richtung Lagerkeller rangiert. Seit Tagen wird auf dem Gelände der Brauerei Unertl in Mühldorf alles zurückgebaut. Schläuche und Tanks stapeln sich auf dem Gelände, die Füllerei selbst ist bereits komplett entkernt. Lediglich drei Stahltanks stehen noch im Lagerkeller, einer gefüllt mit 6000 Liter Bio-Dinkel-Weißbier, das an diesem Vormittag in den Laster gefüllt werden soll. „Die letzte Abfüllung“, sagt Brauereichef Wolfgang Unertl mit bedeutungsschwangerer Stimme.

Ein bisschen Wehmut ist dabei

Eine gewisse Wehmut steht dem Mühldorfer ins Gesicht geschrieben. „Aber es ist letztlich auch befreiend“, gibt er zu, als sein Sohn den Hebel öffnet, um die letzte Tankfüllung auf die Reise zu schicken. Zur Brauerei nach Aldersbach kommt das Bio-Dinkel-Weißbier zur letzten Flaschenabfüllung – 12 000 Halbe. „Das war das letzte Bier, das wir hier in Mühldorf nach 91 Jahren hergestellt haben“, sagt Wolfgang Unertl.

Seit 40 Jahren in der Brauerei

Natürlich sei dieser Akt mit Emotionen verbunden, „wenn man 40 Jahre seines Lebens damit verbracht hat“. Unertl (56) sei schon mit 16 Jahren aktiv ins Brauereigeschäft seiner Eltern eingebunden worden. Aber er sei Realist: „Insgesamt ist es in diesen alten Gebäuden immer nur unter erschwerten Bedingungen möglich gewesen, Bier zu brauen.“

Bier und Brauereichef haben in Niederbayern eine neue Heimat gefunden

Deswegen habe er sich schon vor geraumer Zeit dafür entschieden, die Produktion zu verlagern. Sämtliche Weißbierspezialitäten aus dem Hause Unertl – Weißbier und Leichte Weiße, seit Ende März auch die Dinkelweiße oder das Gourmetweißbier – wurden in die Aldersbacher Brauerei verlagert. Niederbayern – das ist auch der Regierungsbezirk, in dem Unertl eine neue Heimat gefunden hat. „Ich bin dorthin zurückgegangen, wo mein Urgroßvater herkommt. In die Nähe von Arnstorf, wo vor 100 Jahren noch die Stammbrauerei der Unertls stand“, erzählt der 56-Jährige.

Unertl in Mühldorf wurde 1929 gegründet

Im August 1929 wurde die Brauerei Unertl in Mühldorf von Philomena und Alois Unertl gegründet, wie es in der Chronik der Familie heißt. Seitdem werden ausschließlich Weißbierspezialitäten produziert. Von 1962 bis 1978 führte Josef Unertl in der zweiten Generation und Wolfgang Unertl in der dritten Generation die Firma. 1994 wurde die Brauerei Unertl eine KG, die von Wolfgang Unertl und Wolfgang Alois Unertl gemeinsam geführt wurde. Seit dieser Zeit wurde kontinuierlich investiert.

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Seit 2001 Bioland-zertifiziert

Bereits 2001 ließ Wolfgang Alois Unertl die Brauerei bei Bioland zertifizieren. Es folgten viele erfolgreiche Jahre, in denen die Unertl-Biere einige Preise eingeheimst hatten. Der wichtigste Rohstoff, das Wasser, wird bereits seit 1929 aus dem hauseigenen Artheserbrunnen gewonnen. Dieser Brunnen soll auch weiterhin für die Öffenlichkeit zugänglich sein.

Im 19. Jahrhundert gab es noch 30 000 Brauereien in Bayern

Die Brauereigeschichte in Bayern war vor allem in den vergangenen Jahren ein ständiges Auf und Ab. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierten in Bayern knapp 30 000 Brauereien, darunter viele Hausbrauereien. Nachdem 2014 mit 619 Brauereien ein Tiefstand erreicht war, vermeldete Bayern laut dem Bayerischen Brauerbund im Jahr 2017 einen sprunghaften Anstieg der betriebenen Braustätten um 21 auf 645 und in 2018 eine weitere Zunahme auf 654 Braustätten – der höchste Stand seit 2001, bevor 2019 wieder sieben Braustätten verloren gingen.

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Rückkehr schon für 2022 geplant

Im Landkreis Mühldorf gibt es aktuell die Brauereien in Erharting, in Stierberg und Unertl in Haag. Dazu kommen noch Hausbrauereien, etwa der Steer-Bräu in Mühldorf, die Gaststätte Scheuern in Aschau, es gibt die Inn-Hoibe in der Bastei in Mühldorf und seit kurzer Zeit das St. Veiter Bier, das langfristig Fuß fassen will.

Spezialsorten sollen nach Mühldorf zurückkehren

Und auch Wolfgang Unertl hat schon wieder Pläne, um von ganz Neuem zu beginnen. Von einer Gasthausbrauerei ist die Rede, hier in Mühldorf. Sollten die Baupläne so durchgehen, wie Unertl es sich vorstellt, dann sollen spätestens Mitte 2022 alle Spezialsorten auch in Mühldorf wieder gebraut werden. „Das Volksfestbier aus dem Fass soll da herkommen, wo es seine Wurzeln hat“, kündigt er an.

Unertl-Gelände schon verkauft

Der Brauort, so Unertl, wäre dann aber an komplett anderer Stelle. Denn das Gelände an der Weißgerberstraße ist schon vor geraumer Zeit verkauft worden. Ein Bauträger aus Landshut hat den Grund und einen Teil der Häuser erstanden.

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