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Angst ums Grundwasser in Mühldorf - Welche Folgen hat der Kies-Nassabbau für die Umwelt?

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Von: Christa Latta

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Die mit Wasser aufgefüllte Kiesgrube im Mühldorfer Norden gäbe irgendwann einen schönen See ab, wäre aber wegen Wassertiefe und Temperatur nicht zum Baden geeignet.
Die mit Wasser aufgefüllte Kiesgrube im Mühldorfer Norden gäbe irgendwann einen schönen See ab, wäre aber wegen Wassertiefe und Temperatur nicht zum Baden geeignet. © Latta

Der Bau- und Umweltausschuss der Stadt ist entsetzt über die Tatsache, dass das Landratsamt auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung komplett verzichten will.

Mühldorf – Nach längerer Diskussion hat der Bau- und Umweltausschuss der Stadt einstimmig eine ablehnende Stellungnahme zum Antrag auf Kiesnassabbau im Mühldorfer Norden abgegeben.

Die Ausschussmitglieder feilten in der jüngsten Sitzung gemeinsam an dem kurzen Text, der alle Eventualitäten abdecken sollte.

Als „höchst kritisch“ eingestuft

Nach der ausführlichen Vorstellung des Projekts im Ausschuss (siehe Kasten), folgte eine hitzige Diskussion. Besonders zwei Punkte der Beschreibung des Vorhabens stießen den Stadträten auf: „Der Nassabbau erfolgt im Bereich des Grundwassers“ und „Während des Abbaus kann es zu Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen kommen.“ Und die Tatsache, dass das Landratsamt auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung komplett verzichten will und zu der Bewertung „Es ist mit keiner Verschlechterung des Grundwassers zu rechnen“ kommt.

Laut Stadtbaumeisterin Birgit Weichselgartner haben die Stadtwerke Mühldorf keine Stellungnahme abgegeben: „Weil das Vorhaben nicht in Fließrichtung unserer Trinkwasservorkommen liegt und eine Beeinträchtigung des Trinkwassers nicht gegeben ist.“

Versorgung der Stadt ist nicht betroffen

Aus Sicht der Verwaltung böte das Renaturierungskonzept die Chance im Norden Mühldorfs, für den Naturschutz und für die Freizeitgestaltung einen Mehrwert zu generieren. Das Landschaftsbild würde durch das Projekt mittelfristig verbessert. „Im Landkreis Mühldorf gibt es bisher noch keine Nassauskiesung“, so Weichselgartner. „Allerdings laufen aktuell zwei andere Verfahren beim Landratsamt. Im Landkreis Altötting gibt es bereits eine genehmigte Nassauskiesung.“ Ganz entscheidend sei aus Sicht der Verwaltung Folgendes: „Eine Beeinträchtigung der bestehenden Trinkwassernutzung wie auch negative Auswirkungen auf das Grundwasser sind auszuschließen.“

Die Ausschussmitglieder sehen das Vorhaben nicht ganz so unproblematisch. Umweltreferent Stephan Schinko (Grüne) ist dagegen: „Keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu fordern, ist ein Skandal. Das Vorhaben ist auch nicht mit dem Regionalplan verträglich. Dort heißt es, das Nassabbau nur im Ausnahmefall erfolgen soll.“ Er forderte eine Stellungnahme des regionalen Planungsverbandes. Adolf Spirkl (UM) schloss sich an: „Wir können über Generationen an der Einfallstraße nach Mühldorf keinen solchen Krater gutheißen.“ Was die Fließrichtung des Grundwassers angeht, merkte er an: „Es gibt sicher noch weitere Brunnen, die betroffen sein könnten, nicht nur die der Stadtwerke.“

Umweltverträglichkeit muss geprüft werden

„Der Nassabbau ist ein heißes Thema, es ist der erstmalige Eingriff in das Grundwasser im Landkreis“, so Ulrich Niederschweiberer (CSU). „Die Grundwasserpegel sinken überall. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist absolut erforderlich. Dieses Vorhaben kann man ohne sie niemals nur durchwinken.“ Ihn hätten schon Bürger gefragt, welche Auswirkungen das Projekt auf ihre Wärmepumpen haben wird, was Grundwasser-Pegel und Temperatur angeht.

Dr. Georg Gafus (Grüne) forderte eine kritische Stellungnahme der Stadt zu dem Vorhaben: „Das Grundwasser ist so wichtig, da ist mehr Schutz nötig. Mit der Aussicht auf Renaturierung soll uns das Ganze nur schmackhaft gemacht werden.“

Weitere Meldungen aus dem Landkreis Mühldorf

„Als Juristin finde ich die Stellungnahme des Landratsamtes mehr als bedenklich“, führte Karin Zieglgänsberger (UM) aus. „Bei der Formulierung ‚Eine Beeinträchtigung der bestehenden Trinkwassernutzung ist nicht zu erwarten‘ stellen sich mir die Haare auf.“ Sie betonte: „Wir wollen’s nicht haben, Punkt. Das müssen wir als Kommune in dieser Härte kommunizieren.“ Theresia Kölbl (SPD) kommentierte das: „Könnten wir es entscheiden, würden wir’s ablehnen.“

Während der Diskussion formulierten Bürgermeister Michael Hetzl (UM) und Birgit Weichselgartner die Vorschläge der Stadträte zu einer Stellungnahme. Mehrere Versionen wurden vorgetragen und wieder verworfen oder ergänzt, bis der hier eingangs zitierte Beschluss einstimmig fiel.

Die Stadt Mühldorf hat bis 30. Mai Zeit, um die Stellungnahme einzureichen.

Die Stellungnahme der Stadt Mühldorf

„Der Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss bittet die Verwaltung, folgende Stellungnahme im Rahmen des Anhörungsverfahrens an das Landratsamt abzugeben: „Grundsätzlich wird der Kiesnassabbau aus Sicht der Kreisstadt höchst kritisch gesehen und ablehnend bewertet. Eine Beeinträchtigung der Trinkwassernutzung, wie auch negative Auswirkungen auf das Grundwasser – Temperatur und Pegel – sind auszuschließen.

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird gefordert, um nachteilige Umweltauswirkungen auszuschließen. Der Ausnahmefall einer Nassauskiesung gemäß Regionalplan muss mit dem regionalen Planungsverband abgeklärt und detailliert begründet werden. Aus Sicht der Kreisstadt gibt es im Regionalplan noch große Flächen, die für Kiesabbau vorgesehen sind. Die Renaturierungsmaßnahmen müssen mit der Kreisstadt Mühldorf abgestimmt werden.“

Das Landratsamt erwartet keine negativen Auswirkungen

Die Inn-Kies Altötting-Mühldorf will in Teilen der bestehenden Kiesabbauflächen nördlich der Nordtangente mit dem Kiesnassabbau beginnen. Die Abbauflächen sollen anschließend rekultiviert werden, der Großteil der Flächen als offene Wasserfläche bestehen bleiben.

Das Landratsamt Mühldorf führt dazu das entsprechende Anhörungsverfahren zum Planfeststellungsverfahren „Herstellung von zwei Gewässern im Rahmen einer Nassauskiesung“ durch –zu finden auf der Homepage des Landratsamtes, Suchbegriff „Auslegungsverfahren“. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, bis 19. Mai Stellung zu nehmen. Dazu wurde auch die Stadt Mühldorf als Träger öffentlicher Belange aufgefordert.

Wie im Bauausschuss vorgetragen wurde, ergab die allgemeine Vorprüfung nach Einschätzung des Landratsamtes Mühldorf – so die Vorlage im Bauausschuss –, dass der Nassabbau und die entstehenden Gewässer keiner Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, da keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu befürchten sind. Die Gesamtfläche des Vorhabens beträgt rund 22,6 Hektar. Die im Zuge des Nassabbaus hergestellte Wasserfläche hat eine Größe von und 9,5 Hektar. Im Rahmen des Nassabbaus wird mit einem Aushub von gut einer Million Kubikmetern Kies gerechnet. Im Anschluss an den Abbau, nach der Renaturierung, verbleiben zwei offene Wasserflächen. Die erste Wasserfläche, Ufer und Böschungen im Südwesten, sollen mit dem geplanten Rundweg später Zwecken des Naturschutzes und der Freizeitgestaltung dienen. Hier werden ein Lehrpfad und ein Wasserspielplatz angelegt. Die Wasserfläche im Nordosten ist mit den Ufern und Böschungen ausschließlich dem Naturschutz zugeordnet.

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