Burghausen erlebt Niederlage vor Gericht
Keine Einbahn auf „Alter Brücke“ mehr: Stadt verliert Gerichtsverfahren in München
aktualisiert:
- 0 Kommentare
- Weitere
Der Österreicher Hannes Preishuber hat seinen Rechtsstreit mit der Stadt Burghausen gewonnen. Diese muss am 31. März um 24 Uhr die Einbahnregelung auf der Alten Brücke aufheben, und die Beschilderung entfernen. Ab dem 1. April darf die Grenzbrücke über die Salzach dann wieder in beide Richtungen überquert werden.
München, Burghausen – Der kuriose Brückenstreit um die Einbahnregelung auf der Salzachbrücke zwischen Altstadt Burghausen und dem oberösterreichischen Ort Ach ist vorerst beendet. Der vorsitzende Richter Dietmar Wolff hat am Dienstag (29. März) im Verwaltungsgericht München entschieden, dass die Verkehrsanordnung aufgehoben, und die Beschilderung entfernt werden muss. Grund und Dauer des Probebetriebes der Verkehrsmaßnahme seien für die Kammer nicht nachvollziehbar dargelegt worden.
Stadt Burghausen verliert vor Gericht




„Jetzt haben wir eine gewisse Denkpause“, sagte der Burghauser Bürgermeister Florian Schneider nach der Urteilsverkündung. „Die Aufenthaltsqualität am Stadtplatz zu verbessern ist gut und schön, aber die Rechtsgrundlage für eine Einbahnstraße ist nicht gegeben. Das Gericht hat eine andere Ansicht“, fasste Schneider zusammen. Der Bürgermeister war mit einer ganzen Delegation von Stadtangestellten angereist. Unter anderem begleitete ihn Christian Fahnberg vom Ingenieurbüro Ingevost, der im Auftrag Burghausens Verkehrsgutachten durchgeführt hatte. Kläger Hannes Preishuber kam allein mit seiner Lebenspartnerin. Mentale Rückendeckung erhielt er von drei Vertretern der Bürgerinitiative aus Ach, die im Publikumsbereich saßen.
Burghausen hätte Österreich mehr in Lösungsfindung einbinden sollen
„Befriedigend ist für mich, dass die Politik nicht einfach über die Bürger hinweg entscheiden kann, sondern dass es Rechtsgrundlagen gibt“, so Josefine Young-Buchner nach der Urteilsverkündung. Sie ist Mitglied der Bürgerinitiative und war als Anwohnerin direkt von der Einbahnregelung betroffen. Der Mehrverkehr, Lärmbelastung und Gefahren durch Raser beeinträchtigten auch andere Bewohner des österreichischen Grenzortes. Richter Dietmar Wolff hatte während der Verhandlung bemängelt, dass Burghausen die österreichischen Nachbarn mehr in die Lösungsfindung einbinden hätte sollen. Und das vor dem Beschluss des Probebetriebes. Auf Nachfrage des Richters erörterte Schneider, dass es viele Gespräche gegeben habe, aber die Kompromisse seiner Meinung nach ungeeignet und nicht sinnvoll gewesen seien. „Ein Ampelbetrieb ist verkehrsplanerisch total falsch“, pflichtete ihm Christian Fahnberg bei.
In einer längeren Ausführung sprach der Bürgermeister außerdem die Aktivität des Klägers in den sozialen Medien an: „Die ganzen Emotionen sind der Sache nicht wert. Die Entscheidung war nicht diktatorisch. Der Verkehr ist mit der Einbahnregelung gerecht auf zwei Brücken verteilt. Da finde ich es schade, wenn in gewissen Schriftsätzen Polemik verbreitet wird.“ Preishuber forderte Schneider daraufhin zu einem offenen Bekenntnis auf: „Es ging doch eigentlich um die Verkehrsberuhigung am Stadtplatz und sonst nichts. Wären Sie bei der Sache geblieben und hätte nicht so viel Geld für Gutachten ausgegeben, dann wäre die Entscheidung heute schon längst gefallen.“
Gutachten wurden „nachgelegt“
Richter Dietmar Wolff kritisierte weiter, dass die Einführung des Einbahn-Probebetriebes auf der Grenzbrücke nicht ausreichend begründet worden sei. „Es zeigt sich, dass Gutachten nachgelegt wurden.“ Das Lärmgutachten der Stadt wurde erst zum 1. März, das Verkehrsgutachten für die Einbahn erst im Februar 2022 in Auftrag gegeben. Burghausen hatte im Januar 2021 die Probe-Einbahn eingeführt, welche ursprünglich sechs Monate gelten sollte. Dann wurde die Probemaßnahme bis Ende des 2021, und dann noch einmal verlängert. Inzwischen besteht die Einbahn seit 15 Monaten. Als Grund wurde damals angegeben, dass während des Corona-Lockdowns die Auswertung der Probe-Maßnahme keine validen Daten liefern würde.
„Es muss immer klar sein, warum eine Probemaßnahme verlängert wird“, so der Richter. „Eine Jahresfrist ist eine Jahresfrist. Die Straßenverkehrsordnung ist nicht dafür gemacht städteplanerisch einzugreifen.“ Außerdem sei keine Dokumentation von Gefahrenlagen vorgelegt worden. „Die entscheidende gefährliche Engstelle befindet sich auf der österreichischen und nicht auf bayerischer Seite. Summa summarum“, fasst der Richter zusammen „sind Dauer der Anordnung und das Erprobungsziel nicht genau klar.“
Lärm und Sicherheit wichtig bei möglichem Dauerbetrieb
Sollte ein dauerhafter Einbahnbetrieb seitens der Stadt in Betracht gezogen werden, käme man ohne eine Zusatzbeschilderung nicht aus. Ein Lärmgutachten, welches die Stadt anfertigen hatte lassen, könne bei künftigen Entscheidungen ein „großes Gewicht“ haben, so der Richter. Auch die Sicherheit der 1164 Kinder aus Kindergärten und Schulen rund um den Stadtplatz könnte eine wichtige Rolle spielen. Die Straßenverkehrsordnung existiere um Gefahren abzuwehren.
Ob die Stadt einen Dauerbetrieb erwägt bleibt derzeit noch offen. Bürgermeister Florian Schneider will die Zeit nun für weiteres Nachdenken mit dem Stadtrat nutzen. Kläger Hannes Preishuber dagegen ist zufrieden mit der Entscheidung des Gerichts: „Es geht nicht, dass man den Verkehr den man selbst nicht haben will nach Österreich umleitet.“ Es bleibe aber zu erwarten, dass die Stadt noch einen Anlauf versuche, so Preishuber. „Wenn das passiert dann gehen wir vor Gericht“, sagt Young-Buchner von der Bürgerinitiative.
In Videos in den sozialen Medien äußerten sich sowohl der Bürgermeister als auch der Kläger zum Urteil: