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Haftstrafe bei fahrlässiger Tötung möglich

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Von: Alexander Belyamna

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Prof. Dr. Holm Putzke ist Experte für Strafrecht und Strafverteidigung. Im Fokus der Ermittlungen steht ihm zufolge die Frage, ob der Polizist den Umständen entsprechend sorgfaltsgemäß gehandelt hat oder nicht. © Timebreak21/Universität Passau/Montage

Burghausen - Ein Strafrechtsexperte erläutert, was juristisch zu untersuchen ist, wenn ein Polizist einen Menschen erschießt - und was dem Beamten im Falle einer Verurteilung droht.

Vor knapp einem Monat erschoss ein Zivilfahnder in Burghausen im Rahmen einer Festnahme den 33-jährigen André B. Nach eigenen Angaben zielte der Beamte auf die Beine, traf den Flüchtenden jedoch tödlich am Hinterkopf. Wie bereits berichtet, schossen Polizisten in Deutschland in den letzten Jahren immer seltener auf Menschen. Wenn doch, handelte es sich meist um Notwehr oder Nothilfe. Die Umstände des unheilvollen Schusses in Burghausen müssen die laufenden Ermittlungen klären. Welches Prozedere in derartigen Ermittlungen üblich ist, was der Polizist unter Umständen falsch gemacht haben könnte und welche Strafe ihm gegebenenfalls droht, erläutert Prof. Dr. Holm Putzke, Experte für Strafrecht und Strafverteidigung an der Universität Passau, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Dauer der Ermittlungen schwer abzuschätzen

"Erhält die Staatsanwaltschaft Kenntnis von dem Verdacht einer Straftat, ist sie gesetzlich verpflichtet, den Sachverhalt zu erforschen, das heißt, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten", so Putzke. Auch wenn ein Polizist auf einen Menschen schießt sind also in jedem Fall Ermittlungen erforderlich - zu welchem Ergebnis diese Ermittlungen führen ist freilich offen. "Gelangt die Staatsanwaltschaft etwa zu dem Ergebnis, dass der Beamte, der den tödlichen Schuss abgab, nicht sorgfaltswidrig gehandelt hat, läge kein strafbares Verhalten vor. In diesem Fall würde die Staatsanwaltschaft das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts einstellen", erläutert Putzke. "Hält sie das Verhalten hingegen nicht für erlaubt, wird sie Anklage erheben."

Wie viel Zeit die Ermittlungen in Anspruch nehmen - wann also die Staatsanwaltschaft gegebenenfalls Anklage erhebt - lässt sich dem Juristen zufolge nicht pauschal sagen. "Wie lange es dauert, bis sämtliche Ermittlungen abgeschlossen sind und eine Abschlussentscheidung getroffen wird, hängt maßgeblich vom Umfang der Ermittlungen ab."

Handelte der Polizist sorgfaltsgemäß?

Die Ermittler müssen gleich eine Reihe von Fragen beleuchten. Eine gezielte Tötung etwa wäre nur zulässig, wenn die akute Gefahr besteht, der Flüchtende könnte jemanden töten oder schwer verletzen - und der Flüchtende zugleich nicht anders aufzuhalten ist. "Es liegt auf der Hand, dass eine gezielte Tötung zur Festnahme ein Widerspruch in sich wäre", so Putzke.

Wird eine flüchtende Person nicht gezielt getötet, kommt dem Juristen zufolge eine Körperverletzung mit Todesfolge infrage. Allerdings erlaube Artikel 67 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes den Gebrauch von Schusswaffen, um eine Person, die eines Verbrechens dringend verdächtig ist, anzuhalten, sofern sich diese der Festnahme durch Flucht entziehen will. "Liegen diese Voraussetzungen vor, ist es erlaubt, auf einen Flüchtenden zu schießen und ihn gegebenenfalls zu verletzen." Bei seiner Entscheidung, ob er schießen soll oder nicht, muss ein Polizist aber auch die Umstände in Betracht ziehen. Im Fokus der Ermittler steht deshalb die Frage, ob der Polizist sorgfaltsgemäß oder sorgfaltswidrig gehandelt hat.

"War es dunkel oder hell? Wurde stehend oder im Laufen geschossen? Wie verhielt sich das spätere Opfer? Wie groß war die Entfernung? Solche und ähnliche Umstände müssen aufgeklärt werden, bevor es möglich ist zu sagen, ob der Polizeibeamte sich sorgfaltswidrig oder sorgfaltsgemäß verhalten hat", erläutert Putzke. Schießt der Polizist, obwohl es in Anbetracht der Umstände sorgfaltsgemäß nicht möglich war, und trifft der Beamte den Flüchtenden dann auch noch tödlich, handelt es sich um fahrlässige Tötung.

Polizist kann bei Fahrlässigkeit Beamter bleiben

In diesem Fall liegt eine Haftstrafe im Bereich des Möglichen. Putzke zufolge sieht das Gesetz bei fahrlässiger Tötung als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Auch für die Karriere eines Polizisten bleibt ein derart fataler Schuss unter Umständen nicht ohne Folgen. "Auswirkungen auf die Laufbahn des Polizisten könnten disziplinarrechtliche Folgen haben, etwa in Form einer Zurückstufung", so Putzke. Polizisten müssen bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr gemäß Paragraph 24 des Beamtenstatusgesetzes sogar zwingend aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Bei einer geringeren Freiheitsstrafe können Polizisten auch aus dem Dienst entfernt werden. Putzke zufolge kommt dies allerdings selten vor. Bei nicht vorsätzlichen Taten, etwa bei fahrlässiger Tötung, ist der Verlust des Beamtenstatus bei einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr nicht mehr zwingend, aber immer noch möglich.

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