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„Habe mich sehr unwohl gefühlt“: Burghauserin über lautstarke Windpark-Gegner bei Info-Abend

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Von: Daniela Haindl

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Peter Aldozo, Kreisverbandsvorstand der Grünen im Landkreis Altötting.
Peter Aldozo, Sprecher des Kreisverbandes der Grünen und Mitglied des Kreistags im Landkreis Altötting. © Haindl

Mehr als die Hälfte der Besucher eines Info-Abends der Grünen in Burghausen bestand wohl aus Windpark-Gegnern und „Gegenwind Altötting“. Sie sorgten lautstark für Beklemmung beim Rest der Anwesenden.

Burghausen, Landkreis Altötting – „Mir ist richtig komisch geworden“, sagt eine Besucherin rückblickend auf den Info-Abend der Grünen am 28. Februar in Burghausen. Der Kreisverband hatte erkannt, dass Bürger sich mehr Informationen zum angekündigten Windpark in den Staatsforsten wünschen – und dementsprechend gut war der Gartensaal im Bürgerhaus auch besucht: Etwa 60 Personen drängten sich um 19.30 Uhr in den Raum. Auffällig war, dass eine Gruppe von etwa 25 Personen mehr oder minder geschlossen eintrat, und sich dann eher im hinteren Bereich des Raumes aufhielt – im Rücken der weiteren Besucher. Das führte bei manchem Anwesenden zu beklemmenden Gefühlen.

Lautstarke Minderheit sorgt für die Zurückhaltung anderer

Normalerweise kommen etwa zehn Leute und heute reichen nicht einmal die Stühle“, bemerkte Ortsverbands-Sprecher Andreas Engel, zu Beginn der Informationsveranstaltung. Peter Aldozo, Kandidat der Grünen für die Land- und Bezirkstagwahlen 2023, sagt im Rückblick auf die Veranstaltung, man habe vorab vorsichtshalber die Polizei informiert. Schließlich wusste man nicht, womit zu rechnen war. Im Landkreis Altötting gibt es nämlich seit Mitte Dezember eine lautstarke Minderheit, die bei jeder Gemeinderatssitzung und Veranstaltung zum Windpark vertreten ist: „Gegenwind Altötting.“ Die Telegram-Gruppe wurde ursprünglich von AFD-Kreisrat Günther Vogl gegründet und zählt inzwischen 280 Mitglieder, darunter auch Mitglieder der sogenannten „Basis“ – einer Art Querdenker-Partei. Vogl soll nach eigener Aussage inzwischen wegen der „Medienhetze gegen die Gruppe“ ausgetreten sein. In einem Faktencheck von „Der Volksverpetzer“ werden die wichtigsten Argumente der Gruppe analysiert und diese als Desinformationskampagne bezeichnet.

Polizei bereits im Vorfeld informiert

Im Laufe des Informations-Abends wurde offensichtlich, dass die Gruppe radikale Meinungen vertritt und diese teils in hochemotionale und lautstarken Botschaften kundtut. „Ich habe mich sehr unwohl gefühlt“, sagt eine Burghauserin, die angibt, sich nicht mehr getraut zu haben Fragen zu stellen. Auch Peter Aldozo sagt, er sei „ziemlich geschockt“ von dem Abend gewesen. Er habe eigentlich damit gerechnet, dass bereits sein 45-minütiger Vortrag gestört würde – doch das war wider Erwarten gut gegangen. Auch die darauffolgende Diskussion lief seiner Ansicht nach verhältnismäßig gesittet ab – auch wenn Aldozo zugeben musste, dass sich der ein oder andere sicher nicht wohl gefühlt habe. „Alles in allem bin ich froh, dass wir die Veranstaltung gemacht haben. Man muss sich ja den Diskussionen stellen.“

Die Daten zur Bruttostromerzeugung in Deutschland.
Die Daten zur Bruttostromerzeugung in Deutschland. [Zur Vollansicht bitte auf Vergrößerungs-Symbol klicken] © Quelle: Statistisches Bundesamt.

Fakten und Erfahrungen über die Windkraft

Seinen Info-Vortrag spickte Aldozo mit Filmbeiträgen. Er begann mit einer Zusammenfassung bekannter Daten über die Windkraft und legte dazu Fakten vom Statistische Bundesamt vor. Diese besagen, dass 22 Prozent der deutschen Bruttostromerzeugung im Jahr 2022 durch Windräder produziert wurde und diese aktuell führende Energiequelle in Deutschland sind. Dann fasste Aldozo die Eindrücke eines Besuchs im oberösterreichischen Munderfing zusammen. Die Gemeinde im Bezirk Braunau hält 75,2 Prozent des Windparks auf ihrer Gemeindefläche im Kobernaußerwald und Bürgermeister Martin Voggenberger (ÖVP) inzwischen ein begeisterter Verfechter der Windkraft. Jahrelang hatte sich die Regierung von Oberösterreich gegen das Projekt der Gemeinde gewehrt – doch diese konnte ihren geplanten Windpark am Ende durchsetzen.

Anders als im Landkreis Altötting wurden die Bürger des von Burghausen etwa 30 km entfernten Munderfing von Anfang an in das Projekt mit einbezogen. Bewusst entschied sich die Kommune gegen eine Genossenschaft, weil nur die Besserverdiener dann investieren hätten können. Nun ist jeder einzelner Bürger an dem Park beteiligt und trotz Schwachwindregion wird der Windpark wirtschaftlich betrieben und hat sich bereits nach 13 Jahren refinanziert. Die sechs Windräder mit einer Nabenhöhe von 140 Meter produzieren im Jahr 32 Millionen kWh Strom und können so etwa 10.000 Haushalte versorgen.

„Söder knallt uns 40 Räder in den Wald, weil Wacker ihm das sagt“

Auch die Daten vom Informationsabend der Bayerischen Staatsforsten stellte Aldozo vor, sowie ein Video über Windkraft im Wald und ein weiteres das fünf Mythen über Windkraftanlagen aufklären sollte. Bei der anschließenden hitzigen Diskussion wurde vor allem das Problem der Strom-Speicherung angesprochen. Es war die Rede von Dunkelflaute und Brownouts. Außerdem sprach ein Herr an, dass Windkraftanlagen und das Treibhausgas SF6 schlecht für das Klima seien. Auf eine Antwort der Veranstalter verließ eine Dame entrüstet und mit knallender Tür den Raum. Eine andere sagt: „Herr Söder knallt uns 40 Windräder in den Wald weil ihm Wacker das sagt. Warum wird das vorher nicht der Bevölkerung kundgetan? Da heißt es auf einmal Beschluss hin und her. Das macht mich ziemlich wütend. Da hocken sich Industrie und Politik zusammen und beschließen: Wir brauchen einen Windpark. Die Differenz zahlt dann der Bürger.“

Appell an die Vernunft

Ein Herr, der sich als Neuöttinger Bürger ohne Parteizugehörigkeit vorstellte, zeigte sich entschieden irritiert über die emotionale Diskussion und bat um die Rückkehr zur Sachlichkeit. Er sagte: „Wenn wir unseren Lebensstand halten wollen, dann brauchen wir Strom. Uns muss klar sein, dass Alles ein Eingriff ist und uns nur die Frage bleibt, welcher der Minimalste ist. Es wird nicht helfen, Einzelargumente herauszupicken. Man muss das im gesamten Zusammenhang sehen.“ Ein weiterer Mann pflichtete ihm im letzten Beitrag bei und sagte: „Der Lebensstil, den wir haben ist nicht tragbar – und das ist uns nicht bewusst. Wir müssen jetzt anfangen etwas zu tun – es ist doch Wurst, wenn wir Strom im Überfluss haben.“

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