Dem „Sauriassl“ in Altötting auf der Spur
Kurioser Name für Inn-Salzach-Gebiet: Was hat es mit dem „Bezug zum Schwein“ auf sich?
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Der Name „Sauriassl“ taucht immer wieder auf, wenn man sich mit dem Landkreis Altötting und seinen Bewohnern beschäftigt. Woher die Bezeichnung kommt, ist auf den ersten Blick nicht klar. Für die Einheimischen ist alles ganz normal. innsalzach24.de auf Spurensuche.
Altötting - Altötting, der Landkreis, seine Leute, die Gegend: das heißt im Volksmund „Sauriassl“. Aber kaum jemand weiß, was dahinter steckt. Jemand von auswärts könnte denken, dass „Saurüssel“ eine Verunglimpfung ist. Die Menschen aus der Region sehen das nicht so. Unsere Inn-Salzach-Reporterin Daniela Haindl verweist auf einen optischen Aspekt: „Mit ein bisschen Fantasie sieht der Landstrich auf der Landkarte wie ein Saurüssel aus.“
Wenn man sich die Karte bei Google Maps genau anschaut, könnten die Umrisse der Landkreisgrenze oben links den Rüssel einer Sau erahnen lassen. Doch Daniela Haindl meint, „dass die Linie der nachgezeichneten Flüsse Inn und Salzach so aussieht wie ein Saurüssel.“ Sie stammt aus der Region und muss es wissen.
Aber steckt vielleicht noch eine tiefere Bedeutung hinter der Bezeichnung „Sauriassl“? Eine historische. Wir fragen nach bei Kreisheimatpflegerin Renate Heinrich am Landratsamt Altötting.
Bezeichnung geht auf die Jagd zurück - zwischen Inn und Salzach
„Diese Kenntnisse werden von einem Kreisheimatpfleger zum Nachfolger mündlich weitergegeben und sind meines Wissens nirgends aufgeschrieben“, so die Landkreis-Expertin. Was man nicht vermuten würde: „Die Bezeichnungen kleiner und großer Sauriassl waren ursprünglich Einteilungen von Jagdgebieten.“ Sie selbst wurde 2003 im Amt eingeweiht. Die kommunale Bedienstete war 17 Jahre lang in der Rechnungsprüfung eingesetzt und lernte so alle Gemeinden des Landkreises kennen, „mit dem ich sehr verwurzelt bin“.
Strenges Naturschutzgebiet Innspitz
Gerhard Merches von der Kreisgruppe Altötting vom Bund Naturschutz verweist auf den „Status eines strengen Naturschutzgebiets“ an der Innspitze - dem gefühlten Herz des „Sauriassls“.
Am Zusammenfluss von Inn und Salzach finden viele Vögel eine ideale Heimat. Besonders am Herzen liegt dem Landesbund für Vogelschutz die Flussseeschwalbe.
Drohnen dürfen am Innspitz nicht geflogen werden. Menschen sollen und müssen im Umkreis auf markierten Wanderwegen bleiben. Foto-Aufnahmen gibt es nur aus der Ferne, zum Beispiel von Halsbach aus, dem höchsten Punkt im Landkreis Altötting. Oder von Österreich aus. Das Gebiet lässt sich von Burghausen oder Altötting aus mit dem Fahrrad erreichen. Der Salzhandelsweg von Bad Reichenhall nach Stammham durchquert den Innspitz zwischen Auenwald und Stillwasser.
Der „kleine Sauriassl“ ist das Revier um Haiming mit Niedergottsau und endet bei dem Waldgebiet, das die Gemeinde gegen das Rückland abschließt. Renate Heinrich: „Die Gemeinde Haiming war im 18. Jahrhundert schwer zu erreichen. Weil keine ordentliche Straße dorthin gebaut war. In Erzählungen war es so, dass sich der Kutscher des Schlossherrn auf der Heimfahrt mit dem Pferdewagen einen Weg durch den Wald suchen musste.“
Der „große Sauriassl“ wird vom Innspitz aus bemessen - genauso wie der kleine Sauriassl - in einer umgreifenden Bewegung Inn-aufwärts bis hinter Neu- und Altötting. Renate Heinrich: „Er schlägt einen Bogen um die beiden Städte herum und schließt Richtung Salzach ab.“ Bis nach Österreich hinein reicht der Sauriassl dagegen nicht. Laut der Kreisheimatpflegerin gehört „nicht einmal des ehemals bayerische Innviertel dazu“.
Die Neuöttinger Fotografin Irmi Mayer zeigt uns die Gegend mit ihren künstlerischen Bildern:
So schön ist die Landschaft vom „Sauriassl“ Gebiet




Grob gesagt ist es also der „Zwickel“ zwischen Inn und Salzach. Eine Sage aus dem Dreißigjährigen Krieg ist Teil des kollektiven Gedächtnisses der Einheimischen: Die schwedischen Truppen zogen am Inn hinunter, wollten den Fluss überschreiten und Neu- und Altötting überfallen. „Der Inn führte der Legende nach damals Hochwasser. Die Einheimischen brachen die einzige Holzbrücke ab, um sich zu schützen. Das funktionierte. Daher zogen die Schweden ins Holzland bzw. ins Hinterland und haben dort grausam gewütet“, erzählt Heinrich.
„Zwischen Altötting und Niedergottsau schützt uns unsere Liebe Frau“
Deshalb vereint ein gemeinsames Schutz-Gebet die katholischen „Sauriassler“: „Zwischen Altötting und Niedergottsau schützt uns unsere Liebe Frau.“ Das bezieht sich wieder auf die o.g. Legende aus dem Dreißigjährigen Krieg. Renate Heinrich: „Maria sei in den Wolken erschienen und darüber sollen die Schweden entsetzt gewesen sein.“ Der ganze „Sauriassl“ ist somit ein Maria geweihtes Gebiet. In Niedergottsau steht auch eine Marienkirche. Das Sprüchlein schlägt den Bogen vom „Sauriassl“ zum Wallfahrsort Altötting.
Ob die Leute der Gegend „Sauriassler“ genannt werden dürfen? Renate Heinrich schüttelt lachend den Kopf: „Ein Haiminger, ein Neuöttinger oder Alzgerner würde sich kaum so bezeichnen. Es geht wirklich mehr um den Spitznamen der Region.“
-rok-