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Der Fall Daniel aus Kastl: Abschiebung trotz Integration?

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Von: Sascha Ludwig

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Daniel aus Kastl droht die Abschiebung, trotz erfolgreicher Integration in Bayern
Daniel aus Kastl droht die Abschiebung, trotz erfolgreicher Integration in Bayern © picture alliance / dpa

Altötting - Seit vier Jahren ist Daniel in Bayern. Sowohl in der Arbeit, als auch im Privatleben ist der Äthiopier perfekt integriert. Doch jetzt soll er abgeschoben werden:

Seit nunmehr zwei Jahren radelt Daniel aus Kastl jeden Morgen rund 10 Kilometer nach Altötting, am Abend denselben Weg wieder zurück. Der Mann aus Äthiopien hat seit bereits vier Jahren in Bayern eine neue Heimat gefunden, seit zwei einen festen Job. Sowohl mit Freunden und Bekannten im Privaten als auch in seiner Arbeitsstelle genießt der fleißige und stets freundliche Afrikaner großen Respekt. Doch bald könnte Daniel gezwungen sein, Deutschland wieder zu verlassen. Seine Kollegen und Freunde gehen deswegen auf die Barrikaden.

In seiner Heimat hat sich Daniel in der Vergangenheit politisch engagiert. Als Mitarbeiter der politischen Opposition hat er sich dabei in einem der ärmsten Länder der Welt nicht nur Freunde gemacht. Eine Bekannte des Äthiopiers berichtet: "Daniel hat Angst, dort jemals wieder hinzugehen. (...) Sein Vater wurde damals eingesperrt, kurz nach der Entlassung verstarb er dann plötzlich. (...) Wenn bei den Wahlen 100 Prozent erreicht werden, ist das schon etwas seltsam. Offiziell herrscht dort eine Demokratie, aber das ist keine."

Eine Auffassung, die die heimische Politik nicht teilen kann.

Die "Sichere-Drittstaaten" Regelung

Per Definition gilt das Land in Afrika als sogenannter "sicherer Drittstaat". Das könnte jetzt für Daniel, nach vier Jahren in Deutschland und durchaus gelungener Integration, bedeuten, dass er demnächst das Land verlassen und wieder zurück nach Äthiopien gehen muss, denn: "Wer aus einem "sicheren Drittstaat" einreist, kann sich nicht mehr auf das Grundrecht auf Asyl berufen", so das Bundesamt für Migration. Daniels Asylantrag wurde auch bereits abgelehnt, am 15. Januar läuft seine Duldung in der Bundesrepublik nun aus. Es droht die Abschiebung.

Freunde und Bekannte von Daniel können die Entscheidung indes partout nicht verstehen. "Darf es sein, dass ein Mensch, der gelungen integriert ist, den im Heimatland Äthiopien Gefängnis und Folter erwarten, einfach willkürlich abgeschoben und zur Ausreise gezwungen wird?" so die einhellige Fragestellung und Meinung in Daniels Umfeld. Hinzu komme noch, dass der Afrikaner einen unbefristeten Arbeitsvertrag in Altötting besitze, in einer eigenen Wohnung lebe und sich komplett selbst versorge. "Er bringt dem Staat Geld ein, durch Steuern, Sozial- und Rentenversicherung", so die Freunde weiter.

Das sagt das zuständige Landratsamt

Dem Landratsamt in Altötting sind dabei jedoch in gewisser Weise die Hände gebunden: "Wir müssen uns an geltendes Recht halten. Wir sind an die Entscheidung des Bundesamts für Migration gebunden", gibt der Pressesprecher der Behörde, Klaus Zielinski, im Gespräch mit innsalzach24.de zu bedenken. Das Landratsamt empfiehlt Daniel freiwillig auszureisen, dann könne er schließlich, nach einer Kontaktaufnahme mit der deutschen Botschaft in Äthiopien und gültigem Visum, auch wieder einreisen.

Sollte das Amt jedoch aufgrund einer verstrichenen Frist gezwungen sein, eine sogenannte Grenzübertrittsbescheinigung auszustellen, sei eine Einreise nicht mehr möglich. "Das wollen wir aber verhindern. Wir versuchen immer pragmatisch zu denken", gibt sich Zielinski im Gespräch verständnisvoll. Zudem werde man den vorliegenden Fall auch nicht beschleunigen, es gäbe schließlich andere Aufgaben die aktuell mit Vorrang zu behandeln seien, so der Sprecher des Altöttinger Landratsamts weiter.

Ein Übergangspass soll jetzt die Lösung bringen

Auch für Daniels Arbeitgeber steht fest, dass eine Abschiebung in das Heimatland keine Option darstellt. Aus diesem Grund hat der Altöttinger Unternehmer seinem Mitarbeiter jetzt auch einen Anwalt an die Seite gestellt und die Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" sowie die heimischen Bundes- und Landtagsabgeordneten über den Vorgang informiert. Die Resonanz fiel dabei bisher durchwegs positiv aus, Unterstützung für Daniel kommt von allen Seiten.

Aktuell bemüht sich der Äthiopier am Konsulat in Frankfurt um einen sogenannten "Laissez-Passer", einen Notreiseausweis. Eigene Papiere, um Deutschland verlassen und anschließend mit einem Visum wieder einreisen zu können, besitzt der 37-Jährige nach seiner Flucht nicht. Freunde und Arbeitskollegen hoffen darauf, dass der Äthiopier das begehrte Papier von seiner Reise mitbringt, die Alternative dazu stelle schließlich nur eine Abschiebung dar.

Doch auch mit den erforderlichen Unterlagen bleibt bei Daniel ein mulmiges Gefühl zurück. Das Gefühl, wenn auch nur vorübergehend, wieder in das Land reisen zu müssen, aus dem er vor vier Jahren aus Angst vor Verfolgung und Gewalt geflohen ist.

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