Klimatisierung mit Nachahmungspotenzial
Altöttings Bürgermeister: „Wir haben extra Brunnen gegraben und pumpen kaltes Wasser unters Dach“
- 0 Kommentare
- Weitere
Bei den Sitzungen ist es immer wunderbar kühl im Kultur- und Kongress Forum Altötting. Sogar so kühl, dass einzelne Stadträte angeregt haben, ein paar Grad wärmer einzustellen, um Energie zu sparen. Doch das bringt nichts, weil dort gar keine richtige Klimaanlage eingebaut ist.
Altötting - Immer wieder geht es um Einsparpotenziale, was den Energieverbrauch der Bürger und öffentlicher Einrichtungen angeht. Denn Deutschland befindet sich mitten in einer Energie-Krise. Erdgas, fossile Brennstoffe und Strom sind deutlich teurer geworden. Auch bei der Sitzung des Stadtrats von Altötting am 20. Juli waren es wieder Mitglieder der Kleinpartei „Die Liste“, die nachfragten, wo die Stadtverwaltung noch Strom sparen könnte. Architektin Ulrike Bubl (Die Liste) empfand die Temperatur im Kultur- und Kongress Forum am Rekord-Hitze-Tag des Jahres „fast ein bisschen zu kalt“. Die Techniker der Halle könnten doch „die Klimaanlage ein paar Grad hochregeln, um Energie einzusparen“.
Bürgermeister Antwerpen erklärt Ulrike Bubl die Haustechnik
Daraufhin erklärte ihr Bürgermeister Stephan Antwerpen (CSU), dass „wir hier gar keine richtige Klimaanlage haben“. Statt dessen handle es sich „um eine Art Natur-Kühlsystem“. Beim Bau der Halle wurden „eigene Brunnen gegraben, aus denen kaltes Wasser nach oben durch Lamellen in der Hallendecke gepumpt wird“. Dies sei schon ein „zukunftsweisendes Projekt ohne schnelle Einsparpotenziale“. Denn offensichtlich läuft das System dauer-optimiert.
Haus- und Gebäudetechnik im Forum Altötting - Laut Beschreibung auf der Homepage
Das Raumklimakonzept besteht aus einer hochwertigen Wärmedämmung der luftdicht ausgeführten, thermischen Gebäudehülle und mechanischen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung aus der Abluft.
Die Mehrzahl der Räume ist mit einer sogenannten „Fußbodenaktivierung zur Heizung und Kühlung“ ausgestattet. Dabei wird über Quellluftauslässe an den Stirnseiten der Hubpodeste die Zuluft impulsarm und damit zugfrei von unten eingeströmt. Im Raiffeisen-Saal ist zusätzlich eine Kühl-/Heizdecke an der Innenseite des Daches angebracht.
Die Kälte wird über Grundwasser aus einem circa 30 Meter tiefen Brunnen erzeugt. Auch im Bereich der Anlagentechnik sind Systeme verbaut, die einen vergleichsweise guten bis sehr guten energetischen Standard aufweisen. Die technischen Anlagen sind so angeordnet, dass kurze Leitungswege wenig Raum benötigen. (Quelle: forumaltoetting.de)
Kann diese menschenfreundliche Technologie in der Breite angewendet werden?
Könnte oder müsste diese umwelt- und menschenfreundliche Technologie nicht in allen öffentlichen Gebäuden installiert werden? Oder ist sie zu teuer für eine Anwendung in der Breite? innsalzach24.de hat nachgefragt bei Hubert Rabenbauer vom Hochbauamt der Stadt Altötting.
„Diese Konstruktion nachzurüsten, wäre in bestehenden Gebäuden vermutlich zu schwierig oder unwirtschaftlich“, so der Diplomingenieur (FH) und Abteilungsleiter für Neubau und Sanierung städtischer Liegenschaften. Es sei jedoch, „technisch nicht übermäßig aufwändig oder kostspielig, wenn man Wärmetauscher und Brunnen-Kreislauf vor und beim Bau des Gebäudes einplant“.
Zur technischen Funktion dieser Klimatisierung sagt Hubert Rabenbauer Folgendes:
In der Infrastruktur des Gebäudes, also auch in den Decken und besonders unterm Dach, werden Wärmetauscher installiert. Neben dem Haus wird ein Brunnen oder werden mehrere Brunnenlöcher gegraben, die etwa 20 Meter tief sind.“ Eine Pumpe sorge schließlich für den Hochtransport des etwa 8 Grad Celsius kalten Wassers ins Gebäude, wo es „in einem Kreislauf fließt, Kälte abgibt und Wärme aufnimmt“, so Rabenbauer.
Das erwärmte Grundwasser fließt wieder zurück in die Erde über Aufnahme-Brunnenlöcher, die mindestens 100 Meter vom Extraktions-Brunnenloch entfernt sind: „Das ist wasserrechtlich genehmigt und ökologisch unbedenklich“. Das Gleiche kann er allerdings - leider - nicht sagen, wenn man über die Klimatisierung bestehender Gebäude, vor allem von Schulen und Turnhallen, spricht: „Das wäre wahrscheinlich nur über Klimaanlagen mit hohem Stromverbrauch“ denkbar. Eine Betonkernaktivierung kann sich Hubert Rabenbauer als alternative Nach-Klimatisierung vorstellen: „Aber eine Umsetzung ist eine politische Entscheidung, auf die ich keinen Einfluss habe“.
Brunnen-Lamellen-Naturkühlung könnte oder sollte öfter zum Einsatz kommen
Einige Wochen im Sommer sei es nun einmal heiß und da müsse man „Vorkehrungen treffen, damit es drinnen kühler bleibt.“ Das sei auch im Rathaus Altötting der Fall. Dort werde „früh morgens durchgelüftet und bei wachsender Sonnenaktivität verschattet“. Außen-Jalousien und Rollläden seien ebenfalls sehr effektiv, um die Hitze gar nicht erst in die Räume zu lassen. Offenbar handelt es sich bei der vorher genannten „Brunnen-Lamellen-Natur-Kühlung“ im Forum um eine Ausnahmeerscheidung. Es wäre wünschenswert, wenn diese zukünftig öfter zum Einsatz kommen könnte. Denn der Klimawandel sorgt für immer heißere Sommer, die den Menschen das Leben schwerer machen.
-rok-