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So kommen Landwirte an EU-Fördergelder

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Sie führten Landwirte und Landwirtinnen in die neuen Förderbedingungen, von links, Martin Gruber, Andrea Zürcher-Seitz und Josef Wimmerein.
Sie führten Landwirte und Landwirtinnen in die neuen Förderbedingungen, von links, Martin Gruber, Andrea Zürcher-Seitz und Josef Wimmerein. © Ruth Wittmann/AELF Töging)

Landwirte müssen Naturschutz künftig mit Digitalfotos nachweisen. Was sich sonst noch geändert hat.

Töging – Für viele Landwirte in Südostbayern geht es bis zum 23. Februar wieder schwer ums Geld. Sie müssen online Fördergelder der EU beantragen, die diese im Rahmen ihrer neuen, gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die Jahre ab 2023 festgelegt hat. Sie sehen Direktzahlungen an die Betriebe aus einer „Ersten Säule“ vor, von der ein wachsender Anteil in eine „Zweite Säule“ umgeschichtet wird.

Über sie werden zweckgebundene Prämien für „Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen“, die tiergerechte Haltung, den Wasserschutz, den Ökolandbau und „benachteiligte Gebiete“ finanziert. In Deutschland sollen in diesem Jahr zehn Prozent der Mittel zweckgebunden ausbezahlt werden und bis 2026 soll dieser Anteil stufenweise auf 15 Prozent steigen. Damit verknüpft sind inhaltliche Änderungen und neue Verpflichtungen. Über sie informiert das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Töging bis Anfang Februar mit drei Online- und drei Präsenzveranstaltungen in den von ihm betreuten Landkreisen Altötting und Mühldorf.

Ab 2023 setzt sie aber einen Abschluss eines Ausbildungsberufes in der Landwirtschaft oder mindestens 300 Stunden im „Bildungsprogramm Landwirt (BiLa)“ oder mindestens zwei Jahre Tätigkeit in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit mindestens 15 Wochenstunden und sozialversicherungspflichtiger Anstellung voraus. Auch die Mithilfe als Familienangehöriger werde akzeptiert, sagte Josef Wimmer. Wie die neuen „furchtbaren Namen“, die er kaum aussprechen könne, schon verraten, sind Bürokraten in den Behörden wieder wortschöpferisch aktiv gewesen.

Das spiegeln auch Begriffe wie „Konditionalitäten“ wider, mit denen Verpflichtungen hinsichtlich der Betriebsführung und der Standards für „Guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen“ (kurz: GLÖZ) gemeint sind. Neun dieser „GLÖZ“ schilderte der Referent. Sie reichen vom „Erhalt von Dauergrünland“ über die neue „Mindestbodenbedeckung“ bis zum „Verbot der Umwandlung von Dauergrünland“.

Bei Verstoß könnten Prämien gekürzt werden

„Einige Auflagen gelten hier künftig auch für Öko-Betriebe und Kleinerzeuger“, betonte Josef Wimmer. „Die Ahndung von Verstößen ist noch unklar, aber es werden wohl Prämien gekürzt.“ Neu sei unter anderem, dass Faktoren zur Errechnung der Bodenerosions-Gefährdung verschärft worden seien, was das regenreichere Südbayern zum Beispiel über bestimmte Pflugverbote zu spüren bekomme. Wichtig ist die „Mindestbodenbedeckung“.

Damit ist gemeint, dass nun auch während des Winters mindestens 80 Prozent der Ackerfläche eines Betriebs zumindest mit Ernteresten bedeckt sein müssten. Neue Vorschriften gälten nun auch für den Fruchtwechsel, Zwischenfrüchte und Untersaaten. Ab 2024 sollten gar mindestens vier Prozent der Ackerfläche eines Betriebes ohne Düngung und Pflanzenschutz stillgelegt werden, wovon auch Biobetriebe nicht mehr befreit seien.

Andrea Zürcher-Seitz schilderte die neuen Öko-Regelungen und bezeichnete die Prämien der „zweiten Säule“, die in Bayern über das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) ausbezahlt werden, als „Entschädigungen für Auflagen“. Die gibt es reichlich: Selbst bei der Anlage von Blühstreifen und –flächen ist festgelegt, dass man nur eine der vom jeweiligen Bundesland festgelegten Saatgutmischungen verwenden darf. Die landschaftspflegerischen Maßnahmen wie Mähen oder das Abfahren des Mähgutes werden nun überprüft.

Im Winter unbedeckte, umgepflügte Felder sollen wegen der „Mindestbodenbedeckung“ nur noch auf einem kleinen Teil der Ackerfläche eines Betriebs zulässig sein.
Im Winter unbedeckte, umgepflügte Felder sollen wegen der „Mindestbodenbedeckung“ nur noch auf einem kleinen Teil der Ackerfläche eines Betriebs zulässig sein. © Dietmar Fund

Bilder müssen digital eingereicht werden

Die Landwirte müssen die Lage der zu fördernden Flächen digitalisiert eingeben und ihre Arbeiten mit Digitalfotos nachweisen, die Geo- und Zeit-Referenzen tragen. „Selbst geringfügige Abweichungen von den Fördervoraussetzungen führen bei den neuen Ökoregelungen dazu, dass eine Prämie komplett versagt wird“, warnte die Referentin.

Auch wer zum Beispiel eine Prämie für die „extensive Bewirtschaftung von Dauergrünlandflächen mit mindestens vier regionalen Kennarten“ beantragen wolle, müsse die Flächen selbständig erfassen und fotografisch dokumentieren, dass etwa Schlüsselblumen, Glockenblumen und andere von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gelisteten Arten auf der Fläche wachsen. Dafür gibt es auf der Homepage der LfL sogar eine ganz spezielle Anweisung.

Immerhin konnte Martin Huber als freiwillige Ökoregelungen neue Maßnahmen wie die insektenschonende Mahd mit speziellen Mähwerken, die Aussaat von amtlich gelisteten Wildpflanzenmischungen oder die Pflege von Streuobst durch fachkundige Personen schildern, für die landwirtschaftliche Betriebe nun Prämien beantragen können. Wegen der festgelegten Schnittzeitpunkte müssen georeferenzierte Fotos vom Mähzeitpunkt mit Zeitstempel eingereicht werden und bei der Mahd von Steilhangwiesen sind solche Fotos ebenfalls Pflicht. Angesichts dieser Anforderungen ließen auch die Referenten durchblicken, dass es sich nicht für alle Betriebe lohnt, die meist flächenbezogenen Prämien zu beantragen.

Wegen all der diffizilen Vorgaben tauchte im Chat der ersten Online-Veranstaltung wie kürzlich schon bei Veranstaltungen zu neuen Dünge-Einschränkungen prompt wieder die Frage auf, ob man das Fachrecht auch einhalten müsse, wenn man keinen Mehrfachantrag stelle (wie die Beantragung im Fachjargon heißt). „Das Fachrecht muss man trotzdem einhalten, nur die Konditionalitäten nicht“, antwortete Andrea Zürcher-Seitz. Deren Einhaltung ist „nur“ die Voraussetzung für den Erhalt von EU-Zahlungen. - dif

BU für noch fehlendes Foto: Auch wer wie Lorenz Baisl (im grünen Kittel) Zwischensaaten zum erwünschten Schutz vor Bodenerosion ausbringt, wird mit neuen Vorgaben konfrontiert. Foto Dietmar Fund

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