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Sensations-Prozess vor 75 Jahren: Der Mörder aus Haslach „kennt keine Regung des Herzens“

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Von: Ludwig Meindl

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Keine Haagerin traute sich vor 75 Jahren mehr allein in den Wald, wo ein Mörder sein Unwesen trieb.
Keine Haagerin traute sich vor 75 Jahren mehr allein in den Wald, wo ein Mörder sein Unwesen trieb. © Michael Matthey

Der „Mosner-Sepp“ aus Haslach bei Haag (Maitenbeth) schrieb als brutaler Frauenmörder deutschlandweit Schlagzeilen. Vor 75 Jahren wurde ihm der Prozess gemacht.

Haag/Maitenbeth – Vor 75 Jahren ging ein Sensationsprozess zu Ende, der in ganz Deutschland Schlagzeilen machte: der Frauenmörder „Mosner-Sepp“ von Haslach bei Haag wurde von der zweimaligen Verurteilung zum Tod auf lebenslängliche Haft begnadigt. Josef Göttner, wie der verurteilte Doppelmörder mit bürgerlichem Namen hieß, schrieb auch später Schlagzeilen als „Bayerns Rekord-Lebenslänglicher“, als „vergessener Häftling“. Die meiste Zeit seines Daseins hinter Gittern kümmerte sich niemand um ihn. Still war auch sein Ende. Man begrub ihn ohne Beisein der Angehörigen. Nur von einer letzten guten Tat hörte man: Der einst gefürchtete Raubmörder habe der Reiter Kirche 1500 Mark vermacht.

Vor 75 Jahren traute sich keine Haagerin mehr allein in den Wald. Zu tief saß der Schrecken von dem, was wie ein Lauffeuer die Runde machte. Eine Münchnerin war zum Hamstern auf dem Land unterwegs. Sie kannte Josef Göttner schon, brachte ihm ein Päckchen Tabak mit und kaufte ihm für 100 Mark zwei Stallhasen ab. Göttner sah im Geldbeutel der Dame noch mehr Scheine und soll deswegen den Mordplan ausgeheckt haben, hieß es im Zeitungsbericht aus dem Gerichtssaal. Im Dickicht, wo sie wohl vorbeiradeln musste, versteckte er sich und wartete auf sein Opfer. Wie er dem Gericht gegenüber zugab, saß er dabei auf einem Baumstumpf und schmauchte sein Pfeifchen. Die Münchnerin kam, er sprang vor ihr Rad und schrie: „S’Geld her oder s’Leben!“ Sie stammelte nur noch: „Bist narrisch, Sepp?“, doch er knüppelte sie nieder.

Verhandlung im Landgericht Traunstein

Was dann geschah, durften auf der Verhandlung im Landgericht Traunstein nur wenige hören. Die Öffentlichkeit war aus „Sittlichkeitsgründen“ ausgeschlossen. Göttner hatte seine Opfer stets vergewaltigt.

Das gab er auf der Anklagebank zu, und die Zeitung kommentierte: „Dieser Mensch, der kaum lesen und schreiben kann, sich aber an alle Daten in seinem Leben genau erinnert, kennt keine Regung des Herzens. Gefühlskälte ist sein entscheidender Charakterzug. Er zögert nicht einen Augenblick, als er das Mordinstrument, eine Streuhacke, in die Hand nehmen soll, um dem Gericht die Tat zu demonstrieren … von seinen Lippen hört man selten mehr als ein monotones ‚Jawohl, Herr Richter!‘“

Ein Jahr nach dem ersten Mord, so gestand er, sei er einer Buchhalterin beim Blaubeerensuchen im Wald begegnet. Mit der Streuhacke in der Hand begleitete er sie zu den besten Plätzen – da soll ihn der Mordgedanke wieder überfallen haben und sofort schlug er auf sie ein. Im Vorjahr hatte er einen Ehering, 340 Mark und den Ausweis genommen. Diesmal waren es 350 Mark, sechs Eier, ein Armband und ein Taschenmesser, heißt es im Gerichtsbericht.

Kinder entdeckten die Leiche. Die Polizei ging auf Spurensuche und wurde auf den Sonderling aufmerksam – der zum Erstaunen aller ohne Umstände alles gestand. Seine Mutter verkraftete diese Situation nicht, bald nach der Verhaftung ihres Sohnes starb sie.

Der Täter war schon dreimal vorbestraft wegen Körperverletzung und eines versuchten „Sittlichkeitsverbrechens“. Als Arbeiter wurde er für seine Leistungen gelobt. Auch im Gefängnis in Straubing soll er wegen seines Fleißes geschätzt worden sein, berichteten die Medien. Er bekam die Schlüssel zum Kartoffelkeller überantwortet. Vergeblich versuchte Rechtsanwalt Seidl, ihn freizubekommen. Ein Gnadengesuch beim Ministerpräsidenten scheiterte. Eine Psychologin bestätigte ihm nach wie vor eine „Neigung zur Gewalt gegen Frauen“ – so musste er ab dem 34. Lebensjahr bis zum Tod bei den Kartoffeln bleiben.

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