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Schon wieder kein Taubenmarkt in Wasserburg: Das sind diesmal die Gründe

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Von: Heike Duczek

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Prüfender Blick Gefieder, Augen, Beine, Schnabel - alles bestens, die Chance auf Germany's next Toptaube gewahrt.
Prüfender Blick beim Wasserburger Taubenmarkt - auf Gefieder, Augen, Beine, Schnabel. © Heck

Er galt einmal als größter Taubenmarkt in der Welt. Lang, lang ist`s her. Die Verkaufsbörse der Wasserburger Kleintierzüchter kämpft ums Überleben. Heuer klappt es wieder nicht. Warum Vereinsvorsitzender Josef Mayer trotzdem nicht aufgibt.

Wasserburg - Schon als Schulbub hat Josef Mayer aus Babensham (67) mit dem Papa den Taubenmarkt in Wasserburg besucht. Vor etwa 50 Jahren war die Verkaufsausstellung eine Großveranstaltung, die man heute in „D-Englisch“ als „Mega-Event“ bezeichnen würde: 15.000 Eintrittskarten wurden in den Glanz-Zeiten verkauft. 50.000 Tiere - Hühner, Tauben, Kaninchen, Hasen - standen zum Verkauf. Die Besucher kamen in Bussen angereist - sogar aus den osteuropäischen Ländern. Im Greinhof und im Karree zwischen Färber- und Schustergasse, Hofstatt sowie Ledererzeile ging es im wahrsten Sinne zu wie im Taubenschlag: Händler und Kunden feilschten lautstark um die Preise, die oft per Handschlag vereinbart wurden. Die Züchter trafen sich zum Ratschen und Begutachten der Tiere. Dass sie die Hauptrolle spielten, war deutlich zu riechen. „Damals wurden sehr gute Geschäfte gemacht“, erinnert sich Mayer. Seine Ehefrau, eine ehemalige Grundschullehrerin, berichtet, dass viele sich extra Urlaub nahmen, um dabei sein zu können, und sogar Schulklassen in die Ausstellung pilgerten.

Bierbrauer Simon Grein war der Initiator - vor über 120 Jahren

Der erste Taubenmarkt geht laut Stadtarchiv auf das Jahr 1878 zurück. Initiator war der Bierbrauer Simon Grein. 1884 gab es sogar eine „distriktpolizeiliche Bewilligung“, den Markt im Greinhof veranstalten zu dürfen. Obwohl die Tauben ihm den Namen gaben, wurde meistens auch anderes Federvieh angeboten: Hühner, Puten, Kanarienvögel, später auch Hasen und Kaninchen, erinnert sich der Vorsitzende.

Doch in den vergangenen zwei Jahrzehnten nahmen die behördlichen Auflagen zu: Der Taubenmarkt - stets in Verbindung mit der Vereinsausstellung - musste aus der Altstadt rausziehen in das Parkhaus Überfuhrstraße. Immer mehr Vorschriften erschwerten Handel und Wandel. Beim letzten Markt vor der Pandemie waren laut Mayer nur noch 20 Züchter da - „dazu sieben Veterinäre und drei Polizisten“, berichtet er schmunzelnd. „Wir haben uns mit der neuen Situation abgefunden“, sagt er, doch eins will der Vorsitzende der Kleintierzüchter nicht akzeptieren: „Dass es gar nicht mehr geht.“

Heuer ist es leider wieder so, obwohl die Corona-Krise vorbei ist. Diesmal macht, so wie schon 2006, eine andere Seuche einen Strich durch die Rechnung: die Geflügelpest. Der Nachbarverein aus Halfing hat im Oktober vergangenen Jahres noch eine offene Ausstellung durchführen können, bei der sich auch die Wasserburger mit Tauben und Geflügel beteiligt haben, berichtet Mayer. Seinem Verein sei es außerdem noch gelungen, auf einem Privatgelände mit Genehmigung des Landratsamts ohne Verkauf und ohne Bewirtung eine Tierbewertung durchzuführen. Das war`s dann vorerst. Die Züchter können sich in Zeiten der Geflügelpest nur ohne Tiere treffen - etwa beim Stammtisch.

Angst vor dem Keulen: Gefahr für alte Rassen

Mayer hat selber noch nie einen Pest-Fall im Stall gehabt oder bei befreundeten Haltern davon gehört. Er hofft, dass der Landkreis vom massenhaften Keulen verschont bleibt. Denn: „Uns liegen die Tiere am Herzen. Und ich finde auch, dass man Lebensmittel nicht wegwerfen sollte. Beim Keulen gehen so viele Bestände alter Rassen verloren“, warnt er.

Auch der Taubenmarkt, traditionell am ersten Wochenende im Februar veranstaltet (rund um den Blasitag), fällt wieder aus. Das ist auch deshalb schade, findet Mayer, weil das Interesse für Geflügel wieder steige. Viele Hausbesitzer oder Mieter eines Anwesens mit Garten hätten sich während der Pandemie Hühner angeschafft. Der Trend zur gesunden Ernährung führe dazu, dass immer mehr Menschen das eigene Ei im Stall zu schätzen wüssten. Zum Erfahrungsaustausch melden sich viele im Verein an, der 200 Mitglieder hat, darunter 30 aktive Züchter, und sich sogar nicht einmal um die Nachwuchsanwerbung Sorgen machen muss, wie Mayer betont. Er war auch schon einmal Jugendwart im Verein - und Fähnrich, Zuchtwart und zweiter Vorsitzender, bevor er das Chefamt übernahm.

Tauben mit Talent zum Flugakrobat

Mayer züchtet selber: Sisaker-Roller-Tauben, die er nicht nur liebt, weil sie so apart aussieht, sondern auch so extravagante Flugshows zeigen: mit Überschlägen. Außerdem hält Mayer Zwerghühner der Rasse Phönix. Auch sie sind etwas Besonderes: „goldhalsig“, mit Silber im Federkleid - ein Zierhuhn, das nur etwa 50 kleine Eier im Jahr legt, wie er berichtet. Mit Tauben und Hühnern reist der Kleintierzüchter zu Ausstellungen auf Stadt-, Kreis- und Bezirksebene. Viele Pokale zieren die Schränke daheim in Obermühl. „Leider war ich noch nie Kreismeister“, nennt Mayer einen Titel, der ihm noch fehlt.

Josef Mayer, Vorsitzender der Wasserburger Kleintierzüchter, liebt sein Federvieh.
Josef Mayer, Vorsitzender der Wasserburger Kleintierzüchter, liebt sein Federvieh. © Rieger

Liebevoll pflegt er seine 30 Hühner und 50 Tauben, damit sie bei Schönheitswettbewerben gut abschneiden. Sie werden gewaschen, das Gefieder darf weder verschmutzt noch struppig wirken, wenn die Juroren ihren kritischen Blick drauf werfen. Flügel, Beine, Gefieder, Mähne: Alles muss die Normen der Rasse erfüllen. Große Volieren sind das Zuhause, die kein Gast ohne Schutzanzug betreten darf. Auch die Tauben dürfen nicht frei herumfliegen - „es sind mittlerweile wieder viele Greifvögel unterwegs“. Würden sie sich eine seiner Roller-Tauben schnappen, gäbe es bei Züchter Mayer ein trauriges Gesicht, denn er liebt das Federvieh, wie er schmunzelnd sagt.

Sogar einmal Strauße gehalten

Deshalb hat er nach einem Kenia-Besuch sogar mal für 15 Jahre die Zucht kleiner Tauben und Hühner um die Zucht der größten Vögel überhaupt ergänzt: Straußen. Fleisch, Haut, Federn, Eier: Alles ließ sich verwerten. Doch die schweren Vögel mit dem stechenden Blick, denen er sich nur mit einer schützenden Stange nähern konnte, bereiteten nicht so viel Freude wie die Kunstflieger unter den Tauben und die grazilen Zwerghühner. Sie will Mayer 2024 wieder in Wasserburg zeigen - beim Taubenmarkt, der dann hoffentlich wieder stattfinden kann.

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