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„Extremisten haben in Rosenheim nichts verloren“: So will die Stadt Krawalle in Zukunft verhindern

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Von: Anna Heise

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Symbolbild: Teilnehmer einer linken Demonstration zünden Pyrotechnik. Nach Krawallen bei einer Demonstration in Rosenheim werden nun Konsequenzen gefordert.
Symbolbild: Teilnehmer einer linken Demonstration zünden Pyrotechnik. Nach Krawallen bei einer Demonstration in Rosenheim werden nun Konsequenzen gefordert. © Symbolbild (dpa)

Fünf Tage nach dem Krawall bei der Anti-AfD-Demo hat das Thema nun auch den Rosenheimer Stadtrat erreicht. Die Politiker fordern, dass die Verwaltung handelt, doch der scheinen die Hände gebunden. Zwei Maßnahmen sollen jetzt trotzdem überprüft werden.

Rosenheim - Herbert Borrmann ist wütend. „Extremisten haben in Rosenheim nichts verloren“, sagte der Fraktionsvorsitzende der CSU während der jüngsten Sitzung des Stadtrats. Der Grund für seinen Unmut ist die aus dem Ruder gelaufene Anti-AfD-Demo am Samstag, 28. Januar, in der Rosenheimer Innenstadt. 120 Demonstranten - 220 nach Zählung der Veranstalter - spazierten durch die Stadt, ein Teil von ihnen zündete Rauchbomben, warf Farbbeutel auf das Gebäude der Polizei und attackierte Beamte.

Anmeldung, keine Genehmigung

Während die Polizei ermittelt, wo die Auflagen der Stadt Rosenheim eingehalten wurden und wo nicht, hat man im Stadtrat darüber diskutiert, was die Verwaltung tun kann, um solche Zwischenfälle in Zukunft zu unterbinden. „Wir sind hier sehr eingeschränkt, weil eine Demonstration nur angemeldet, nicht aber genehmigt wird“, sagte Rechtsdezernent Herbert Hoch.

Borrmann hinterfragte während der Sitzung, ob man den Teilnehmern aus München die Anreise nach Rosenheim nicht vorher hätte untersagen können. „Eine Anreise im Vorfeld zu verbieten, ist schwierig“, sagte Hoch. Auch der Vorschlag von CSU-Stadtrat Florian Ludwig, im Vorfeld von Demonstrationen eine finanzielle Sicherheitsleistung von den Veranstaltern einzufordern, lasse sich rechtlich nicht umsetzen.

Kann die Route abgeändert werden?

Trotz allem gibt es laut Oberbürgermeister Andreas März (CSU) einige Maßnahmen, die jetzt überprüft werden sollen. So sei unter anderem vorstellbar, dass die Veranstalterin - eine Frau aus München - in Rosenheim nicht mehr zugelassen wird. Ebenfalls soll überprüft werden, ob die Route eines angemeldeten Demozugs abgeändert werden kann, um beispielsweise zu vermeiden, dass der Weg an der Polizei und dem AfD-Büro vorbeiführt. „All das hängt jedoch vom Verwaltungsgericht ab“, sagte Oberbürgermeister März.

Gegen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit können die Veranstalter beim Verwaltungsgericht Klage einreichen. Ob die beiden von der Stadt vorgeschlagenen Maßnahmen vor Gericht Bestand hätten, dazu wollte sich ein Sprecher des Bayerischen Verwaltungsgerichts München nicht äußern. „Eine abstrakte Rechtsauffassung vorab zu schildern, würde bei den konkreten Beteiligten künftiger Rechtsstreite, die sich zu Recht eine objektive und unvoreingenommene Beurteilung des Einzelfalles durch das Gericht erwarten, auf Unverständnis stoßen“, heißt es auf OVB-Anfrage.

Sehr hohe Anforderungen

Zumindest im bayerischen Innenministerium vertritt man hierzu eine klare Haltung: „Ein allgemeines Verbot für einzelne Personen, Versammlungen anzumelden, ist nur denkbar, wenn das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass diese ihre Versammlungsfreiheit verwirkt haben“, teilt eine Sprecherin mit. Die Anforderungen an eine solche Grundrechtsverwirkung seien jedoch sehr hoch. „Das Bundesverfassungsgericht hat sie noch nie ausgesprochen“, heißt es aus dem bayerischen Innenministerium.

Jeder Einzelfall muss konkret beurteilt werden

Das bestätigt auch ein Blick nach München. In der Landeshauptstadt hat es laut einem Sprecher des Kreisverwaltungsreferats noch keinen Fall gegeben, bei dem Versammlungsleiter eine Demo in der Stadt nicht anmelden durften, weil sie in der Vergangenheit gegen Auflagen verstoßen haben. „Das Versammlungsgrundrecht wird nur in den gesetzlich vorgegeben Fällen verwirkt und nicht durch Verstöße gegen Beschränkungen einer Versammlung“, heißt es aus dem Kreisverwaltungsreferat. Zudem müsse die zuständige Versammlungsbehörde laut einer Sprecherin des bayerischen Innenministeriums in jedem Einzelfall konkret beurteilen, ob eine Versammlung aufgrund von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung untersagt werden darf.

Vorstellbar ist aber offenbar die Verlegung einer Strecke. Das wäre laut Innenministerium beispielsweise dann möglich, wenn andernfalls Rettungswege blockiert würden oder wenn aufgrund des Aufeinandertreffens von gegnerischen Versammlungen mit einem strafbaren Verhalten der Versammlungsteilnehmer zu rechen sei. „Auch hier kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit ist durch die Versammlungsbehörde zu berücksichtigen und jeweils die geringste mögliche Beschränkung zu wählen“, sagt die Sprecherin.

Behinderungen für den Rettungsdienst

In der Stadt Rosenheim musste laut Pressesprecher Christian Schwalm die Streckenführung bei Versammlungen gelegentlich geändert werden, weil Straßen zum Beispiel wegen Baustellen oder bereits genehmigten anderen Veranstaltungen nicht nutzbar waren oder Behinderungen für den Rettungsdienst bei der Zufahrt zum Klinikum im Raum standen. Auch habe es in der Vergangenheit einige Fälle gegeben, bei denen die Stadt Schwalm zufolge die Versammlungsleiter abgelehnt hat. Die Begründungen seien stets ähnlich gewesen. So habe es bei den jeweiligen Versammlungen größere Probleme gegeben, weil Auflagen nicht beachtet oder umgesetzt wurden.

Ob diese Ablehnung vor Gericht Bestand gehabt hätte, scheint zumindest mit Blick auf die Antworten des bayerischen Innenministeriums fraglich zu sein.

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