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Hells Angels und Bürgermeister stecken Claim ab: Showdown im Rathaus Tuntenhausen

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Von: Rosi Gantner

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Der Hells-Angels-Treff in Schönau. Bürgermeister und Rocker einigten sich: Die Beschriftung muss weg. Stache
Der Hells-Angels-Treff in Schönau. Bürgermeister und Rocker einigten sich: Die Beschriftung muss weg. Stache

Die Rocker-Bosse und Tuntenhausens Bürgermeister Georg Weigl haben sich am Verhandlungstisch getroffen. Und sie sind sich einig geworden: keine Großveranstaltungen mehr in Schönau. Außerdem: Der Schriftzug am Vereinsheim mit dem Hells-Angels-Code „Route 81“ muss verschwinden.

Tuntenhausen/Schönau – Sie kamen mit dicken Luxuskarossen, parkten direkt vor dem Rathaus der Gemeinde Tuntenhausen. Kaum am Besprechungstisch von Bürgermeister Georg Weigl niedergelassen, kam man auch schon zur Sache: Der Rathaus-Chef und die Hells Angels steckten gewissermaßen ihren Claim ab.

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Die Vereinbarung: keine Großveranstaltungen der Rocker mehr im Gemeindegebiet.

„Route 81 Ink“: Der Hells-Angels-Code musste weichen.
„Route 81 Ink“: Der Hells-Angels-Code musste weichen.

Blick zurück: Die Rocker der Hells Angels und ihre neue Dependance in Schönau – in den Räumen einer ehemaligen Metzgerei – sind seit dem Wochenende der Riesenaufreger in dem ansonsten beschaulichen Dorf und darüberhinaus. Gut 150 Rocker aus dem gesamten süddeutschen Raum und darüberhinaus, nicht wenige darunter einschlägig vorbestraft, und ebenso viele Polizisten hielten Samstagabend den Ort in Atem. Polizeikontrollen an sämtlichen Zufahrtsstraßen, Beamte mit Maschinengewehr, Blaulicht die halbe Nacht – und so mancher Anwohner, der angesichts der polizeilichen Vor-Recherchen lieber auswärts im Hotel nächtigte.

Aus „ungutem Gefühl“ wurde Angst

Je mehr Details in den vergangenen Tagen bekannt wurden, desto mehr wandelte sich die Stimmung im 600-Einwohner-Ort: Aus der anfänglichen Irritation wurde Empörung, aus dem anfangs noch undefinierbaren, „unguten Gefühl“ Angst. Entsprechend groß und größer wurde das Unverständnis gegenüber dem ehemaligen Dorfmetzger, zugleich Kommandant der örtlichen Feuerwehr, wie es denn überhaupt zu diesem Mieter-Klientel hatte kommen können.

Einer, der klare Worte fand, war Tuntenhausens Bürgermeister Georg Weigl, der selbst in Schönau lebt. Und der von Anfang an sagte: „Die brauchen wir hier nicht.“ Manch einer schmunzelte über diese Worte, kaum einer glaubte wohl daran, dass sich gegen die Rocker der Hells Angels etwas ausrichten ließe.

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Doch seine Zweifler belehrte Weigl eines Besseren – zumindest schaffte er es, die Rocker an den Verhandlungstisch zu holen. Nach Tuntenhausen. Ins Rathaus.

Den Kontakt mit seinen „Mietern“ hatte der Eigentümer der Immobilie hergestellt. Auch er sah inzwischen aufgrund der sich zuspitzenden Lage Gesprächsbedarf – und eben dieses klärende Gespräch fand Mittwochabend im Rathaus statt: zwischen Bürgermeister, Vermieter – und zwei Vertretern der Hells Angels. Zwei Hochkaräter aus dem Raum Rosenheim, beide mit Luxuskarossen angereist, der eine mit Rosenheimer Kennzeichen unterwegs, der andere mit Wasserburger. Von Motorrädern, gar Harleys keine Spur.

Namen? „Dazu will ich nichts sagen“, winkt Weigl ab. Nur so viel, verrät er: „Das waren schon die Chefs.“ Und das Gespräch an sich? Alles sehr vernünftig, lösungsorientiert, betont der Bürgermeister. Und für seine Schönauer Bürger hat er eine gute Nachricht: Eine Lösung ist gefunden, eine Vereinbarung getroffen.

„Route 81 Ink“: Schriftzug muss weg

Das Ergebnis: Der Hells-Angels-Schriftzug „Route 81 Ink“ plus Hinweis auf das Tattoo-Studio, das in roten Lettern auf der weißen Hauswand prangte, sollte weg. Das war dem Rathaus-Chef wichtig. Und darauf ließen sich die beiden Rocker-Bosse auch ein: Der Schriftzug soll verschwinden – und tat es dann auch noch am selben Abend. Wenig später war alles überpinselt. Heute erinnert nur noch der frisch überweißelte Streifen an die Turbulenzen vom Wochenende.

Vereinbarung Nummer 2: Der benachbarte Gemeinde-Parkplatz wird nicht mehr für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. Denn just auf diesem, vor wenigen Jahren aus Steuergeldern errichteten Parkplatz hatten Samstag die Hells Angels ihre Bauzäune aufgezogen, Planen angebracht – und dort abgeschirmt und ungestört in ihren, in der Öffentlichkeit übrigens verbotenen, „Kutten“ (Biker-Westen) gefeiert.

Bürgermeister steckt den Claim ab

Für Bürgermeister Weigl ist nun klar: Der Claim ist abgesteckt. Gefeiert wird in Zukunft nur noch auf eigenem Gelände – womit Großveranstaltungen der Riegel vorgeschoben sein dürfte. So hofft er zumindest.

Ganz weg aus Schönau hat er die Hells Angels damit nicht: Sowohl der Motorrad-Club mit seinen Räumlichkeiten im Obergeschoss als auch die angedachte Nutzung des ehemaligen Metzgerei-Verkaufsladens als Tattoo-Studio sind nach wie vor nicht vom Tisch. Sie werden wohl auch bleiben. „Aber was den Motorrad-Club angeht in dem Umfang, wie es vorher auch schon war“, betont Weigl.

„Komme mir vor wie im falschen Film“

Erleichtert ist er trotzdem – und entsprechend gelassen blickt er nun der Bürgerversammlung am 31. Juli entgegen (19 Uhr, Mehrzweckhalle Schönau), an deren Termin er festhalten will. Auch aufgrund der Unruhe im Ort. Und er kann sich jetzt auch endlich aufs Schönauer Dorffest freuen, das diesen Samstag ansteht – wo er nun mit konkreten Lösungsansätzen aufwarten kann.

Hells Angels, Rocker-Treff, Tauziehen am Verhandlungstisch – geht das eigentlich spurlos an einem vorüber? Nein, ganz sicher nicht, schüttelt Weigl auf diese Frage hin den Kopf. Und er verrät: Daheim, abends, wenn die Termine des Tages abgehakt sind und er zur Ruhe kommt, dann kann er über diese ganze verrückte Situation nur den Kopf schütteln. „Ich komme mir dann vor wie im falschen Film.“

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