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Prien stimmt über Schul-Sozialarbeit ab: Emotionale Diskussion mit denkbar knappem Ergebnis

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Vorfreude und vielleicht auch ein klein wenig Bammel – Schulkinder der Grundschule Prien an ihrem ersten Tag. Die durch die Coronamaßnahmen bedingten Einschränkungen der letzten Jahre verursachten vermehr Stress für die Schüler. Dieser könnte sich in vielen Familien durch die aktuelle Energiekrise, den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation verstärken. Dem möchte man nun mit einem Schul-Sozialarbeiter begegnen.
Vorfreude und vielleicht auch ein klein wenig Bammel – Schulkinder der Grundschule Prien an ihrem ersten Tag. Die durch die Coronamaßnahmen bedingten Einschränkungen der letzten Jahre verursachten vermehr Stress für die Schüler. Dieser könnte sich in vielen Familien durch die aktuelle Energiekrise, den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation verstärken. Dem möchte man nun mit einem Schul-Sozialarbeiter begegnen. © Berger

Von: Petra Wagner

Ist die Grundschule Prien eine Brennpunktschule? Nur eine der Fragen, die im Priener Marktgemeinderat kontrovers diskutiert wurde. Die Antwort darauf bestimmt mit, ob Prien einen Schul-Sozialarbeiter bekommt. So fiel das Ergebnis aus.

Prien – Ist die Franziska-Hager-Grundschule eine „Brennpunkt-Schule“? Diese Frage stand unter anderem bei der aktuellen Gemeinderatssitzung vom 26. Oktober auf der Tagesordnung.

Die Diskussion wird emotional geführt

Die Chiemgau-Zeitung hatte im Vorfeld über den Antrag der Schulleiterin Claudia Decker auf einen Schul-Sozialarbeiter berichtet. Denn die Sozialarbeit an Grundschulen – oder vielmehr Brennpunkt-Grundschulen – wird nun mit einem neuen Förderprogramm der Regierung von Oberbayern unterstützt.

Dabei muss die Gemeinde für zwei Drittel der Personalkosten aufkommen. Das sind derzeit rund 30.000 Euro. Der Staat liefert einen Zuschuss in Höhe 16.000 Euro für 20 Stunden. Das Thema wurde im Gremium kontrovers und äußerst emotional diskutiert.

Priens Bürgermeister ist klar dagegen

Erster Bürgermeister Andreas Friedrich wies dabei auf die angespannte finanzielle Situation der Gemeinde hin. Denn auf diese würden mit der Sozialarbeitsstelle hohe Personalkosten zukommen. Die müsste man im Gegenzug anderswo einsparen.

Zum Bedarf einer Sozialarbeiterin in der Grundschule erklärte er, dass er von einer pädagogisch geschulten Lehrkraft schon erwarte, dass sie Probleme wie Konzentrationsstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten bei Schülern nicht nur erkenne, sondern auch damit umgehen könne – etwa, indem sie in der Pause mit dem Kind spreche beziehungsweise das Gespräch mit den Eltern suche.

Kritik an Deckers Öffentlichkeitsarbeit

Geärgert habe ihn vor allem der Alleingang der Rektorin, die an der Gemeinde vorbei den Förderantrag beim Landratsamt Rosenheim eingereicht habe. „Dies ist nicht der richtige Dienstweg“, so das Gemeindeoberhaupt. Auch das Interview, das die Schulleiterin im Vorfeld der Gemeinderatssitzung der Chiemgau-Zeitung gegeben hat, sei nicht die richtige Reihenfolge, wenn man vertrauensvoll miteinander umgehen wolle. Er wünsche sich eine andere Art der Kommunikation.

Bisher kein Bedarf für Sozialberatung bemerkt

Zuvor hatte Petra Lanzinger, die in der Gemeinde für die Schulen zuständig ist, erklärt, dass sie seit 18 Jahren dieser Tätigkeit nachkomme. In dieser Zeit habe sie nie einen Bedarf für eine Sozialberatung an der Franziska-Hager-Grundschule bemerkt.

Es seien dort zwei Beratungs-Lehrer vor Ort angesiedelt; zudem könne eine Schulpsychologin angefordert werden, die mehrere Schulen betreut, was bisher aber kaum geschehen sei. Bis jetzt seien diese Beratungsmöglichkeiten ausreichend gewesen.

„Bis heute ist nichts in dieser Hinsicht an mich herangetragen worden“, so Lanzinger. Ein Bedarf einer Schul-Sozialarbeit für die Grundschule sei für sie nicht erkennbar.

Anders sieht es an der Mittelschule aus

Anders sei dies an der Franziska-Hager-Mittelschule. Die dortigen Schüler müssten sich mit der Pubertät sowie der beruflichen Orientierung auseinandersetzen. Dort sei auch eine Suchtprävention sinnvoll. Diese Notwendigkeit sehe sie aber bei Kindern in der ersten bis zur vierten Klasse nicht. „Die Kinder sind sechs oder sieben Jahre alt, die gehen nicht zu einer Sozialberatung und sprechen sich aus“, so die Verwaltungsmitarbeiterin. Auch die Eltern würden darin keine Notwendigkeit sehen.

Gremium stimmt denkbar knapp ab

Im Gremium war die Meinung zweigeteilt – was sich nach langer kontroverser Diskussion im äußerst knappen Ergebnis mit 12:11 Stimmen für die Bereitstellung eines Schul-Sozialarbeiters niederschlug.

So stellte sich Michael Anner (CSU) auf die Seite der Verwaltung – auch, weil Petra Lanzinger nah an der Schule und der dortigen Situation sei. Wenn sie keinen Bedarf erkenne, respektiere er ihre Sachkenntnis. Zudem habe die Schulleiterin Claudia Decker im Zeitungs-Interview die Frage, ob sie ihre Schule für eine Brennpunkt-Schule halte, nicht klar beantwortet – denn das sei sie nicht. Er habe erst kürzlich Besuch von einer Grundschulklasse bekommen und sich über deren interessiertes und aufgewecktes Verhalten sehr gefreut.

Die aktuelle Situation scheint okay zu sein

Kersten Lahl (Bürger für Prien) sprach sich für die Investition für Kinder aus, für die nichts zu viel sei. Er nehme es schon ernst, wenn eine Rektorin den Bedarf benenne.

Annette Resch (CSU) erklärte, die vergangenen Jahre seien schwer für die Kinder gewesen. Es seien schlimme Sachen passiert, die es aufzuarbeiten gelte. Sie sei dafür, auch wenn die Situation derzeit noch nicht so schlimm sei.

Rosi Hell (CSU) fühlte sich „hin- und hergerissen“ und meinte, sie wolle nichts verkehrt machen. Dr. Simone Hoffmann-Kuhnt (Die Grünen) warnte, dass sich Kinder mit sexuellem Missbrauch nicht von selbst an Hilfspersonal wenden würden. „Dies können aber Psychologen erkennen, die häufig vor Ort sind“, so Hoffmann-Kuhnt.

Nun muss die Sozialarbeit gegenfinanziert werden

Um die lang anhaltende Diskussion zu Ende zu bringen, brachte Karina Dingler einen Antrag zur Geschäftsordnung ein, um zur abschließenden Abstimmung zu kommen. Mit einer Gegenstimme von Ulrich Steiner (Die Grünen) wurde dieser angenommen und final abgestimmt.

In einer weiteren Abstimmung wurde die Verwaltung einstimmig damit beauftragt, bis zur nächsten Sitzung konkrete Gegenfinanzierungsvorschläge für diese Maßnahme auszuarbeiten.

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