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Welche Botschaft Charlotte Knobloch mit nach Wasserburg brachte

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Von: Winfried Weithofer

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Dritte Bürgermeisterin Edith Stürmlinger begrüßte Charlotte Knobloch in Wasserburg.
Dritte Bürgermeisterin Edith Stürmlinger begrüßte Charlotte Knobloch in Wasserburg. © Weithofer

Hoher Besuch an der Vhs Wasserburg: Charlotte Knobloch, wohl die prominenteste Vertreterin des Judentums in Deutschland stattete der Kleinstadt einen Besuch ab. Bei ihrem Vortrag gab sie nicht nur Einblick in ihre eigene Vergangenheit, sondern vermittelte auch eine wichtige Botschaft.

Wasserburg – Es ist eine Frau, die ihr Publikum fesselt, obgleich es ihr wohl gar nicht nicht so sehr darauf ankommt. Am Mittwoch war Charlotte Knobloch, eine der prominentesten Vertreterinnen des Judentums in Deutschland, zu Besuch bei der Volkshochschule in Wasserburg. Die Zuhörer lauschten ihren Worten hochkonzentriert, im Vortagsraum, mit gut 60 Gästen voll besetzt, herrschte eine fast andächtige Stille.

Aus ihrer eigenen Erfahrung berichtet

Knobloch, Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, äußerte sich vor allem zur eigenen Familiengeschichte: Die 90-Jährige ließ, mit vielen Details angereichert, ihre bitteren Erfahrungen aus der NS-Zeit Revue passieren, blickte zurück auf ihre Zeit im mittelfränkischen Arberg, als sie dort bei Bekannten inkognito in einem Bauernhof Zuflucht fand.

Fragen an Charlotte Knobloch konnten Teilnehmer der Veranstaltung im Vorfeld per Mail an die VHS richten – die Rolle der Moderatorin hatte VHS-Geschäftsführerin Agnes Matrai übernommen. Besonders bewegend berichtete Knobloch über die Zerstörung der Synagogen in München im Jahr 1938. „Das war ein sichtbares Zeichen, wie es mit den Juden weitergeht“, sagte sie. Warum kommt denn nicht die Feuerwehr, so fragte sie als damals gerade Sechsjährige, als die Flammen loderten.

Austausch wichtiger denn je

Knobloch fügte in ihren Antworten auch ihre Überzeugungen mit Blick auf das aktuelle Verhältnis zwischen Juden und Deutschen ein. Der Austausch sei heute mehr denn je wichtig. „Da, wo man einander nicht kennt und nicht sieht, da schießen die Vorwürfe ins Kraut.“ Die Soziologie wisse das schon lange, aber die Politik und die Gesellschaft hätten hier Nachholbedarf. Dabei sei das Interesse der Bevölkerung am Judentum riesig – das Festjahr 2021, dem das jüdische Leben der vergangenen 1700 Jahre in Deutschland gewidmet war, habe dies gezeigt. Führungen in der neuen Münchner Synagoge etwa seien über Monate im voraus ausgebucht. Knobloch appellierte, das Zusammenleben zu entkrampfen. „Wenn wir am Ende sehen, dass der vermeintlich andere gar nicht so anders ist, dann sind wir zusammen ein großes Stück weitergekommen.“

Frage zur israelischen Regierung

Nur eine einzige spontane Frage gab es an dem Abend aus dem Zuhörerkreis: Wie steht Knobloch zu kritischen Fragen an die israelische Regierung, Fragen, die oft genug für judenfeinlich gehalten würden, wollte Korbinian Höchstätter wissen, ehemals VHS-Vorstandsvorsitzender. Hier Knobloch entgegnete kurz und knapp: „Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir mit israelischer Politik überhaupt nichts zu tun haben.“ Im übrigen sei an Kritik nichts auszusetzen, solange sie nicht antisemitisch sei.

„Jüdische Kultur hautnah“ lautete das Motto des Abends – dem wurde zwischendurch und zum Abschluss Genüge getan - mit stimmungsvoller jüdischer Musik sowie Spezialitäten aus Israel, zubereitet von VHS-Dozentin Elisa Lüdtke. Der Ehrengast wählte gefüllte Datteln und Lachs auf Kartoffelpuffer. Es war in jeder Hinsicht ein gehaltvoller Abend.

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