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Warnung vor Klinik-Kahlschlag in Bayern - kommt eine „Konterrevolution“ der Patienten?

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Von: Sebastian Horsch

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Operation im Krankenhaus Mühldorf: Welche Angebote wird es dort künftig noch geben, wann müssen Patienten in die Nachbarkliniken fahren?
Operation im Krankenhaus Mühldorf: Welche Angebote wird es dort künftig noch geben, wann müssen Patienten in die Nachbarkliniken fahren? © InnKlinikum

Karl Lauterbach spricht von einer „Revolution“: Doch gerade auf dem Land sehen viele die Krankenhausreform des Gesundheitsministers als Gefahr. Die CSU warnt nun vor einem „Kahlschlag“.

München – Es ist ein Brandbrief, der am 6. Februar die Bundestagsabgeordneten der CSU in Berlin erreicht. Vor einem „Kahlschlag in der gesamten deutschen Krankenhauslandschaft, insbesondere in den ländlichen Regionen“, warnt der Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger seine Kollegen in der Landesgruppe. Der Münchner CSU-Mann befürchtet „fatale Konsequenzen“ für Bayern.

Hintergrund ist die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Krankenhausreform. Den Plänen einer von Lauterbach beauftragten Expertenkommission zufolge sollen Deutschlands Kliniken künftig in fünf verschiedene Stufen und 128 Leistungsgruppen eingeteilt werden, welche dann darüber entscheiden, wie sie finanziert werden und welche Leistungen sie erbringen dürfen.

Gerade viele der kleineren kommunalen Häuser würden dann wohl in die Stufe 1 fallen, die noch einmal in zwei Unterstufen geteilt werden soll. Häuser in der allerniedrigsten Kategorie würden künftig nicht mehr die Voraussetzungen erfüllen, eine Notaufnahme zu betreiben. Zwar muss es dort dem Konzept zufolge noch eine fachärztliche Rufbereitschaft geben, doch die Leitung könnte auch eine qualifizierte Pflegefachkraft übernehmen. Ob es sich bei diesen Einrichtungen dann überhaupt noch um vollwertige Krankenhäuser im heutigen Sinne handeln würde, ist in der Branche umstritten.

Doch selbst den Krankenhäusern, die es in die Basisstufe mit Notfallversorgung schaffen, droht ein medizinischer Aderlass. Denn wer die Kriterien für Stufe 2 nicht sämtlich erfüllt, dürfte dem Experten-Vorschlag zufolge auch einzelne spezialisierte Fachabteilungen nicht mehr führen. Heißt: Wer also zum Beispiel keine Stroke Unit für Schlaganfälle anbieten kann, müsste auch seine HNO-Abteilung schließen.

Kleineren Krankenhäusern drohen Einschnitte

Pilsinger hat sich anhand des bayerischen Krankenhausplans und mithilfe eines ihm von einem Krankenhausverband zur Verfügung gestellten Online-Tools einen groben Überblick darüber verschafft, welche Auswirkungen die Reform in der Praxis haben könnte. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass einer erheblichen Zahl kleinerer Häuser mit bis zu rund 400 Betten der Verlust von Leistungen und Fachabteilungen droht. „Wenn diese Reform so kommt, dürfen viele wichtige Behandlungen, die in den wohnortnahen Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung bisher durchgeführt wurden, dann nicht mehr angeboten werden“, sagt der CSU-Politiker unserer Zeitung. „In der Konsequenz müssen Notfallpatienten aus dem ländlichen Raum für viele lebensnotwendige Maßnahmen, wie zum Beispiel Magen-Darm-Spiegelungen bei inneren Blutungen oder Herzkatheter-Interventionen bei Herzinfarkten, weite Distanzen auf sich nehmen.“

Lauterbach selbst sieht seine Pläne – die er als „Revolution“ bezeichnet – mehr als Chance denn als Bedrohung. Denn sie sollen nicht nur das viel kritisierte Finanzierungssystem auf neue Füße stellen, sondern auch die Behandlungsqualität stärken und knappes Personal in größeren Häusern bündeln und effektiver einsetzen – so der Plan. „Mit der Reform haben Krankenhäuser, die sonst aufgeben müssten, eine Perspektive“, sagte der SPD-Minister jüngst dem „Spiegel“. Um die alarmierten Länder zu besänftigen, will Lauterbach sie in Facharbeitsgruppen einbinden, die bis zum Sommer einen fertigen Gesetzesentwurf erarbeiten sollen.

Pilsinger glaubt hingegen: „Lauterbachs ,Revolution‘ wird eine Konterrevolution auslösen.“ Nicht nur die Patienten im ländlichen Raum, sondern auch die Pflegekräfte, die täglich viele Kilometer zu ihrem neuen Arbeitsplatz fahren müssten, würden das nicht mitmachen, sagt er. „Das wird die sowieso schon angespannte Personalsituation an den Kliniken massiv verschärfen.“

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