Bayerischer Pastor will Prostitution abschaffen - so verfolgt er sein ambitioniertes Ziel

Ein Augsburger Pastor will mit Hilfe eines Vereins Freiern das Leben schwer machen und Prostitution verhindern. Die Überraschung: es geht dem Christen nicht um Moral.
Augsburg - Der Pastor Klaus Engelmohr gründete den „Verein gegen Menschenhandel“ und möchte geschlossen gegen Prostitution vorgehen. Was ihn dazu bewegte und wie er als nächstes vorgehen wird, verriet er der Augsburger Allgemeinen im Interview.
Die Moral sei dabei nie im Vordergrund gewesen, der Kampf gegen Menschenhandel motivierte Engelmohr - gegen Ausbeutung und Ausnutzung. Aufmerksam wurde er auf die Thematik bei der Veranstaltung „Die verkaufte Frau“. „Soni Unterreithmeier war da, die sich mit der Organisation Solwodi um Menschenhandelsopfer kümmert und der leitende Kriminalbeamte Helmut Sporer von der Augsburger Kripo. Ich war einer von drei Zuhörern.“
Dass nur so wenige interessierten schockierte den Pastor - ginge das Thema doch die ganze Stadt an.
Um möglichst viele Menschen zu erreichen, koppelte er sich von der Kirche ab
Deswegen organisierte Engelmohr eine Diskussion, zu der seinen Angaben nach 150 Menschen kamen. Auf dieser Grundlage soll sich der Kern des Vereins gegründet haben. Weil das Thema seiner Meinung nach mehr war als nur eine geistliche Angelegenheit, koppelte er sich von der Kirche ab.
Der Pastor möchte dabei nicht Prostituierte bestrafen, sondern die Freier.
Der Grund: Prostitution entstünde oft aus einer Notlage heraus, setze man diesen Akt der Verzweiflung unter Strafe, bringe man diese Frauen in nur noch größere Schwierigkeiten.
Gegen das Argument, dass ein Risiko bestünde, Prostitution damit weiter in ein zwielichtiges Milieu zu treiben, weist Engelmohr darauf hin, dass die Orte an denen Prostituierte anschaffen der Polizei bekannt seien. Das macht es leicht Freier auf frischer Tat zu ertappen und in direkten Kontakt zu den Frauen zu treten - Schweden sei hierbei bei ein Vorreiter.
„Interessant ist am schwedischen Modell, dass die Frauen, die auf dem Straßenstrich stehen, nicht dafür belangt werden. Sie dürfen da stehen. Wenn die Polizei aber sieht, dass ein Mann zu der Frau geht, dann wird dieser Mann für den versuchten Sexkauf belangt. Gleichzeitig bietet man der Frau an, ihr beim Ausstieg zu helfen.“
Oft fehlen Perspektiven nach dem Ausstieg
Wenn es um den Gedanken geht, dass Prostitution im generellen Vergewaltigungen verhindere, verweist der Pastor ebenfalls auf Schweden. Seiner Meinung nach beugt das strengere Vorgehen gegen Prostitution eher noch Vergewaltigungen vor, denn mit dem Verbot fände auch eine gesellschaftliche Bewusstseinsveränderung statt: Frauen würden nicht mehr als Ware betrachtet werden und Sex fände nur noch auf Augenhöhe statt, wenn beide es aus freien Stücken wollen würden.
Betrachtet man die essentielle Abhängigkeit von Prostituierten gegenüber ihres Berufs, sieht Engelmohr eine finanzielle Unterstützung nötig - besonders für Frauen im höheren Alter.
„Das Sexkauf-Verbot löst nicht alle Probleme, das ist uns bewusst. Wir müssen auch bereit sein, Geld auszugeben, um den Frauen zu helfen. Viele haben auch keinen Schulabschluss oder keine Ausbildung und sie sind durch ihre Erlebnisse traumatisiert.“
Hier zu Lande halte man Sex als Ware für etwas normales und das mache rechtliches Vorgehen dagegen sehr schwer. Erst kürzlich meldete Landshut beispielsweise einen Überschuss an Bordellen im historischen Stadtkern. Er zeigt sich trotzdem hoffnungsvoll.
„Es ziehen auch immer mehr Länder nach, auch in Europa. Nordirland etwa, Frankreich, Norwegen und Island.“
Es geht darum, eine Doppelmoral aufzudecken
Bis dahin möchte Engelmohr weiterhin Öffentlichkeitsarbeit leisten und für das Thema sensibilisieren. Mithilfe von Diskussionsrunden, Demonstrationen oder Besuch von Ausbildungsstätten. Besonders bei jungen Generationen möchte er Bewusstsein schaffen, erst kürzlich besuchte er eine Krankenpflegeschule. Besonders wichtig sei ihn das Aufdecken einer Doppelmoral:
„Wie wäre das für dich, wenn es deine Schwester wäre, die im Bordell arbeitet? Wir messen da nämlich in unserer Gesellschaft mit zweierlei Maß. Die Frauen aus Rumänien sollen es tun, weil es für sie ja eine gute Chance ist, Geld zu verdienen, aber die eigene Tochter oder Schwester bitteschön nicht.“
das
Ebenfalls interessant: Eine Kontrolle, zwei Personen und 17 Haftbefehle